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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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viel gelesen? Exp. Nr. 130: Von den Frauen nicht, aber von den Männern.

Tr. Schwiedland: Sind die Männer im Fachverein, und wird dagegen ein Anstand seitens des Chess erhoben? Exp. Nr. 130: Es sind einige im Fachverein, und zwar ohne Anstand.

Expertin Nr. 131 (über Befragen des Vorsitzendem: Ich bin in derselben Fabrik wie die Exp. Nr. 130, und zwar seit acht Jahren. Ich bin seit zehn Jahren bei der Branche und war vorher zwei Jahre bei Kleinmeistern in verschiedenen Geschäften. Dort ist auch ein viel größerer Wechsel als in der Fabrik. Es gibt allerdings einige Kleinmeister, 'wo eineErste" jahre­lang ununterbrochen beschäftigt ist und wo nur in der Saison auf wenige Wochen eineZweite" oderDritte" dazu genommen wird, die man nach der Saison entläßt. Die Saison ist bei den Kleinmeistern zu Pfingsten, 'Ostern und Weihnachten. Ich habe drei Monate gelernt, während welcher ich weder Lohn noch Kost oder Wohnung hatte. Nach drei Monaten habe ich gleich in der ersten Woche fl. 6 verdient. Damals war ich bei der Howemaschine, da zu dieser Zeit noch keine Ringschiffmaschine in Ver­wendung stand. Andere Arbeiterinnen müssen oft fünf, sechs Monate lernen und bekommen dann sl. 3 bis 4. Ich aber war vorher schon bei der Weiß­näherei und habe deshalb schon einen Begriff von Weißnäherei gehabt. Bei manchen Kleinmeistern sind die Mädchen auch in der Kost. Ich war bei einem solchen, wo ich fl. 7 wöchentlich und die Mittagskost hatte. Dieselbe war gut, wir bekamen Suppe, Fleisch und Gemüse, manchmal auch Mehlspeise. Es kommt selten vor, daß Mädchen auch Wohnung beim Kleingewerbe­treibenden haben. Mein jetziger Arbeitslohn beträgt fl. 8'50, und ich kann im Uebrigen nur das bestätigen, was die Exp. Nr. 130 sagte. Ich gehe zu Mittag auch in dieselbe Privatkost, wie sie. Ich bin verheiratet und habe eine Tochter. Mein Mann, ich und unser Kind haben eine Wohnung, welche aus Zimmer und Küche besteht, für die wir fl. 10 monatlich zahlen. Mein Mann ist in derselben Branche, aber in einer anderen Fabrik, als Vorrichter beschäftigt. Er wird nach Stück bezahlt und verdient fl. 10 bis 12. Ich zahle 40 kr. monatlich und der Herr 20 kr. in die Krankencasse und bekomme dafür im Krankheitsfälle fl. 0. Ich bin in keinem anderen Verein. Ich habe keine fremde Person zu unterstützen. Unterhaltungen mache ich nur selten mit. Wir gehen manchmal Sonntag auf's Land, wenn es schön ist. Ich lese auch oft Zeitungen, aber nicht dasExtrablatt", sondern die Arbeiter-Zeitung".

Dr. Schwiedland: Sie stehen ja verhältnißmäßig gut, indem Sie nur eine sehr kleine Familie haben und mit Ihrem Mann zusammen über fl. 20 wöchentlich verdienen. Sind Sie da in der Lage, in der vollen Saison Ersparnisse zu machen? Exp. Nr. 131 : Wenn zwei Leute heiraten, die nichts haben, so muß man halt immer trachten, Stück für Stück im Haus nachzuschaffeu und kann deshalb keine Ersparnisse machen. Auch verdient mein Mann nicht immer fl. 10 bis 12. Nach Pfingsten hat er nur fl. 5 bis 6.

Expertin Nr. 133 lüber Befragen des Vorsitzenden): Auch ich bin in demselben Betrieb wie die beiden Exp. Nr. 130 und 131, und zwar seit einem Jahr. Ich bin schon seit acht Jahren in der Branche und war früher auch bei Kleingewerbetreidenden. Ich habe vier Monate gelernt, während welcher ich nichts bekommen habe. Nachher hatte ich sechs Uonate lang fl. 3 Lohn. Weil mir das zu wenig war, bin ich zu einem anderen Kleinmeister gegangen, wo ich die ganze Kost, Frühstück, Gabelfrühstück, Mittagmahl und Jaule, außerdem fl. 3'50 hatte. Die Kost war sehr reichlich und gut. Ich war auf diesem Platze nur sechs Wochen, weil ich dann in eine Fabrik gekommen hin, wo ich fl. 7 verdiente, also meine Stellung ver­besserte. Derzeit verdiene ich fl. 8. Auch ich kann nur die Angaben der