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beiden früheren Expertinnen bestätigen; speciell bezüglich des Werkführers kann ich bemerken, daß über ihn nicht zu klagen ist. Ich wohne bei meinen Eltern, welche Zimmer, Küche und Cabinet haben und fl. 51 vierteljährlich zahlen. Mein Vater ist Schuhmachermeister. Ich habe zwei Schwestern, die Eine ist verheiratet und war auch bei unserer Branche, die Andere ist erst elf Jahre alt und geht iwch in die Schule. Es wohnen also bei uns nur Vater, Mutter, eine jüngere Schwester und ich. Ich gebe den Eltern fl. 3'50 wöchentlich für Verpflegung, weil ich zu Hause efle. Was ich sonst brauche, kaufe ich mir selbst. Ich lege mir halt so lange zusammen, bis ich genug habe, um mir etwas zu kaufen. Aus Raten kaufe ich nichts. Ich gehe manchmal mit den Eltern auf Unterhaltungen. Jn's Theater gehe ich nur selten, und zwar in's Deutsche Volkstheater. Ich bin in keinem Arbeiter­verein. Ich gehöre der Krankenkasse an und zahle 27 kr. monatlich. Ich habe keine dritte Person zu unterstützen und bekomme auch von den Eltern nichts, da das Geschäft nicht besonders geht. Der Vater hat nur einen Gesellen und keinen Lehrjungen. Der Vater verwendet keine Frauen zur Arbeit. Wenn er etwas braucht, so mache ich es, weil ich ja vom Geschäft bin. Wir wohnen im achten Bezirk.

Expertin Nr. 132 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich bin gegenwärtig in einem Friemgeschäst in oer Stadt. Das ist ein Schuhwaarengeschäft, welches nicht auf Versandt, sondern nur im Detail für Kunden arbeitet. Ich bin in diesem Geschäft seit drei Jahren. Ich bin schon seit 21 Jahren bei der Branche und habe mit 17 Jahren die Arbeit erlernt. Ich bin in unserem Geschäft die einzige Arbeiterin und muß steppen, Knopflöcher machen, einfassen u. s. w., sowohl Tisch- als Maschinenarbeiten verrichten. Ich arbeite mit einem Vorrichter zusammen. Außerdem haben wir jetzt 15 Bödenarbeiter.

Wir haben auch eiue Saison, und zwar von Fasching bis nach dem Umgang. In dieser Zeit haben wir 15 bis 17 Arbeiter und in der stillen Zeit nur 8 bis 10. Die stille Zeit ist während der Ferien. Dann geht das Geschäft von Allerheiligen bis Weihnachten wieder sehr stark und hieraus bis zum Fasching wieder schwächer. In der stillen Zeit werden die jüngeren Arbeiter weggeschickt. Wir erzeugen gewöhnlich Herren- und Damenschuhe. Wir haben keinen Motorenbetrieb, auch keine Rundloch-, Knopfloch- oder Einfaßmaschinen, sondern das muß ich Alles mit der Hand.selbst machen. Diese Maschinen würden sich dem Herrn nicht auszahlen.

Vorsitzender: Wie kommt es, daß Sie alle diese Arbeiten ver­richten können? Haben Sie denn als Lehrmädchen sowohl Tisch- als Maschinenarbeit gelernt? Exp. Nr. 132: Die Stepperinnen eignen sich die Tischarbeit von selbst an, und deshalb können sie in einem Friemgeschäst alle Arten von Arbeit verrichten. Die Arbeitsvermittlung erfolgt auch bei uns durch die von den anderen Expertinnen erwähnte Zubriugerin. Die Arbeitszeit ist bei uns von 7 Uhr Früh bis 7 Uhr Abends, mit einer Stunde Mittagspause. Unser Arbeitslocal ist in einem der entfernteren Vororte gelegen, und die Filiale ist in der Stadt. Sowohl ich wie die anderen Arbeiter sind draußen in der Werkstatt. Jene Arbeiter, die nicht in's Gasthaus gehen wollen, essen im Arbeitslocal und bekommen die Kost von der Frau. Wenn es schön ist, essen wir im Garten. Es wird bei uns keine Arbeit außer Haus gegeben. Während der Saison arbeiten wir von 0 Uhr Früh bis 8 Uhr Abends und bekommen für eine Ueberstunde 14 kr. Für das Gabelfrühstück und die Jause haben wir keine bestimmten Pausen, aber es wird nichts gesagt, wenn wir uns Zeit zum Essen nehmen. An Feiertagen arbeiten wir bis 5 Uhr und erhalten den ganzen Tag gezahlt. An Sonntagen wird nie gearbeitet. Wenn an einem Feiertage nicht gearbeitet wird, so wird dieser Tag abgezogen; wird nur ein halber Tag gearbeitet, so bekomme ich nur halben Tageslohn. Bei uns ist keine Kündigungsfrist,