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Diese fünf Mädchen haben nur das Putzen der Eprouvetten besorgt. Sie haben ohnedies schon eine Ahnung gehabt, daß sie am Samstag weggehen müssen; sie konnten sich allerdings vorher nicht um andere Arbeit umschauen, weil die Bureaustunden der Arbeitsvermittlung in die Arbeitszeit hineinfallen, und wenn man durch die Zeitung einen Posten haben will, so muß man doch auch Zeit haben, sich dem Herrn vorzustellen. Man nimmt auch in der Arbeitsvermittlung nicht gerne eine solche Arbeiterin, welche noch in der Arbeit ist, weil diejenigen Arbeiterinnen, welche schon längere Zeit arbeitslos sind, den Vorzug haben.
Dr. Bi'ezina: Wer füllt die Eprouvetten mit dem Giftstoff an? Haben Sie selbst mit dem Giftstoff zu thun? — Exp. Nr. 184: Der Assistent füllt an, ein Mädchen arbeitet ihm in die Hand. Sie macht die Eprouvette auf, er gibt den Impfstoff hinein, und fie stöpselt wieder zu, so daß dies für sie keine gesundheitsschädlichen Folgen hat.
(Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Wir hatten anfangs 80 kr. Taglohn. Da habe ich nun gleich mit dem Laboranten gesprochen, und da haben wir vom Professor 5 kr. täglich Zulage bekommen, so daß wir nun wöchentlich st. 5'10 verdienen, überdies haben wir für Ueberstunden 15 kr. Wir stehen uns daher täglich auf fl. 1 15 und am Sonntag auf 85 kr. Strafen und Abzüge haben wir nicht, auch nicht für das Znspätkommen. Der Professor'und der Laborant sind uns gegenüber sehr zuvorkommend, das Gleiche gilt von den Assistenten. Sie kommen herein, grüßen, wir danken, sie srggen, wie die Arbeiten stehen, es ist also in keiner Hinsicht über sie zu klagen. In der Früh trinke ich zu Hause Kaffee, um 10 Uhr kaufen wir uns Butterbrot oder ein Stück Wurst mit Brot, zu Mittag essen Einige Geselchtes, Andere kaufen sich zu Zweien etwas vom Gasthaus und geben dafür 10 bis 20 kr. aus. Manche gehen auch in's Kaffeehaus, und weil das kein nahrhaftes Essen ist, so essen sie dafür mehr Semmeln. Ich und noch eine Arbeiterin trinken täglich zusammen einen Liter Milch. Am Abend essen die Arbeiterinnen, welche bei den Eltern wohnen, das, was vom Mittag übrig bleibt, ich mache es auch so. Ich wohne bei der Mutter, welche zu Mittag Suppe, Gemüse und gewöhnlich auch Fleisch kocht, manchmal haben wir auch eine Mehlspeise. Auch jene Mädchen, welche nicht bei den Eltern wohnen, können sich am Abend eine kräftige Nahrung vergönnen, weil wir ja jetzt mit den Ueberstunden fl. 7'60 verdienen. Wir hatten früher ein sehr geräumiges Arbeitslocal, das aber jetzt als Hörsaal verwendet wird, und wir sind deshalb in die Münzgasse, in ein äußerst primitives Local gekommen. Das erste Local war sehr zugig, und ich habe mir deshalb einen Katarrh zugezogen, jetzt sind wir wieder in einem anderen Local, welches etwas besser ist, aber noch zu wünschen übrig läßt. Die Arbeiterinnen kehren abwechselnd aus; wenn wir in's Geschäft kommen, ziehen sich die Einen aus, und die Anderen kehren, machen die Fenster auf, und dann wird geheizt. Der Saal ist geweißt. Zu den Ostern haben wir während der Arbeitszeit das Local gewaschen und die Fenster geputzt. Auch der Abort ist sehr Primitiv. Im Thierarznei-Jnstitnte konnten wir nicht auf den uns nahe gelegenen Abort gehen, weil derselbe von den Hufbeschlagsschmieden und Studenten benützt wurde, da mußten wir auf einen entfernter gelegenen Abort gehen.
Vorsitzender: Ist kein Hausdiener da, welcher das einheizen Früh besorgen könnte, bevor Sie kommen? Es muß ja doch im Winter sehr kalt gewesen sein. — Exp. Nr. 134: Es sind im Laboratorium drei Diener, die haben etwas Anderes zu thun und können sich darum nicht kümmern. Holz und Kohle werden direct vom Kohlenhändler gebracht, hängen also mit dem Dienst im Laboratorium in gar keinem Zusammenhange. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ich lebe mit meiner Mutter; wir haben Zimmer und Küche und zahlen fl. 11. In der Wohnung schlafen: meine Mutter,
Frauen-Enquste.