602

weil sie aussetzen müssen und nicht leben können. In der guten Zeit sind 80, in der schlechten 18 bis 20 Schleiserinnen beschäftigt. Diejenigen, die in der schlechten Zeit aus der Arbeit gehen, gehen entweder in eine andere Fabrik oder in Dienst. Wir schleifen Manschettenknöpfe, und zwar bei der Maschine. Da ist eine Scheibe, an welche wir die Knöpfe anhalten, wodurch der Glanz erzeugt wird. Wenn die Scheibe eine Arbeiterin erwischt, so reibt sie sich den Finger auf, es kommt aber auch vor, daß zum Beispiel die Hand ein wenig abgeschürft wird, da man den Knopf ganz nahe an die Scheibe hält. Das meldet aber keine, denn man wird noch dafür aus­gemacht. Größere Verletzungen kommen nicht vor. Wenn man sich die Hand abschürft, so muß man sie verbinden, da ja auf der Scheibe Grünspan ist; dann muß man eben weiterarbeiten. Wenn eine Arbeiterin neu aufgenommen wird, so braucht sie etwa ein Jahr, bis sie die Arbeit perfect erlernt. Ich war im Ansang 14 Tage im Wochenlohn und habe 60 kr. gehabt. Wenn man dann in Äccord kommt, so verdient man anfangs nur 80 bis 40 kr. und nach fünf bis sechs Wochen 60 kr. Ich bin durch einen bekannten Herrn, der in der Fabrik beschäftigt ist, zu dieser Arbeit gekommen. Im Allgemeinen stehen die Mädchen beim Thor und warten, bis der Portier sie ruft. Durch Annoncen erfolgt bei uns keine Stellenvermittlung, auch haben wir keine Vermittlung durch die Genossenschaft oder den Fachverein. Wir haben zehn­stündige Arbeitszeit, von 7 Uhr Früh bis 6 Uhr Abends, mit einer Stunde Mittagspause. Ueberstnnden werden bei uns niemals gemacht. Wir Schleife­rinnen haben keine Hausarbeit, wohl aber andere Kategorien von Arbeitern. Ich finde das ungerecht, denn es müssen die Arbeiterinnen, die in der Fabrik beschäftigt sind, aussetzen, und gleichzeitig wird Arbeit an Haus­arbeiterinnen gegeben. Wir haben zur Jause und Frühstückszeit je eine Viertelstunde Pause; an Sonn-und Feiertagen wird nie gearbeitet. Wir haben keine Kündigungsfrist. Der Lohn ist sehr schlecht, und es ist auch schon ein paar Mal abgezogen worden. Der Accordlohn wird nach zwölf Dutzend bemessen. Man bekommt für zwölf Dutzend Manschettenknöpfe 12 bis 20 kr., wenn Eine geschickt ist, kann sie 10 bis 12 Groß Manschettenknöpfe zu 12 kr. machen. Es kommt aber selten vor, daß sich eine Arbeiterin durchschnittlich mehr als fl. 1 verdient. Wenn man schlechtes Material hat, und die Knöpfe sind nicht ganz rein, so bekommt man sie zurück und hat den ganzen Tag umsonst gearbeitet. Am Vormittag bringt man mehr Arbeit zu Stande als Nachmittags, um 4 oder 5 Uhr lassen schon die Kräfte nach. Vormittag kann man in einer Stunde 10 bis 12 kr. verdienen, nach 4 Uhr aber nur 8 bis 9 kr. Ich schaue immer nämlich aus die Uhr, damit ich weiß, wie viel ich verdient habe. Die Arbeiterinnen haben mir gesagt, daß man früher 40 und 60 kr. für das Groß Manschettenknöpfe bekommen hat, und jetzt sind sie aus 12 kr. heruntergedrückt worden. Es gibt sogar Manschettenknöpfe, für welche man nur 4 bis 6 kr. bekommt. Es kommt bei den jüngeren Arbeiterinnen häufiger vor, daß Arbeit zurückgegeben wird, außerdem muß die Betreffende noch die Scheibe ersetzen. Eine Scheibe kostet 60 bis 70 kr., und man braucht durchschnittlich zwei Scheiben, also fl. U80. Wenn nun Eine einen Tag lang schlechte Arbeit geliefert hat, bekommt sie nicht nur nicht die ganze Bezahlung, sondern sie muß auch den Betrag zahlen, den die tägliche Abnützung der zwei Scheiben kostet. (Ueber weitere Fragen seitens des Vorsitzenden.) Ich verdiene im Winter fl. 6 bis 7, im Sommer fl. 4 bis 5. Es kommen bei uns Strafen vor; wenn man zwei bis fünf Minuten nach 7 Uhr kommt, so muß man 10 kr. zahlen und wird außerdem geschimpft; wenn man noch später kommt, so muß man den halben Tag versäumen. Das wäre doch gar nicht nothwendig, weil man doch im Accord arbeitet. Die Heimarbeiterinnen verdienen sich mehr als die in der Fabrik. Exp. Nr. 187: Die verdienen sich bis zu fl. 8.

Vorsitzender: Wenn das der Fall wäre, warum machen Sie