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denn da nicht selbst lieber Heimarbeit? Exp. Nr. 137: Jeder hat nicht so ein Glück.

Vorsitzender: Verlangt das vielleicht größere Kunstfertigkeit? Exp. Nr. 136: Nein.

Dr. Frey: Wer bekommt denn eigentlich diese Hausarbeit? Exp. Nr. 136: Der erste Stanzengraveur ist verheiratet, aber von seiner Frau weg und wohnt mit einem Mädchen zusammen. Da hat er nun dem Herrn gesagt, er soll ihr diese Arbeit geben.

Dr. Schuller: Was geschieht mit den Strafgeldern? Expertin Nr. 136: Das weiß ich nicht.

Vorsitzender: Haben Sie Waschvorrichtnngen? Expertin Nr. 136: Wir müssen uns mit Stearinöl waschen, weil der Schmutz mit Wasser nicht weggeht. Wenn man aber dabei erwischt wird, so muß" man das erste Mal 10 kr., das zweite Mal 50 kr. zahlen, und das dritte Mal wird man entlassen. Exp. Nr. l37: Die Strafgelder kommen in die Bezirks-Krankencasse. Exp. Nr. 136: Was Ihnen nicht einfällt! Gar keine Spur! (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Mein Vorgesetzter ist ein Werkmeister. Er ist riesig grob. Wenn man ihm etwas sagt, so sagt er: Schauen Sie, daß Sie abfahren." In sittlicher Beziehung kann man über ihn nicht klagen. Der Herr hat ihm schon ein paar Mal verboten, so grob zu sein. Wir haben eigentlich eine Versammlung einberufen und uns über die schlechte Behandlung und den schlechten Lohn beschwert. Da hat der Herr etwas verbessert, aber nur bei einer Gattung, bei den Nickelknöpfen um 10 kr. Ueberhaupt ist Nickelarbeit für eine Frau zu schwer, weil das­selbe heiß ist; da entwickelt sich Grünspanstaub. Eine Schleifern: sollte sich durchgehend fl. lO verdienen, weil sie schon so viel auf Wäsche braucht, da wir doch eine sehr schmutzige Arbeit haben.

Dr. Schwiedland: Ist die Nickelarbeit Männerarbeit? Exp. Nr. 136: Bei der Schleiferei ist Alles Frauenarbeit.

Dr. Schwiedland: Wer hat die Versammlung angestiftet? Exp. Nr. 136: Ein Schlossermeister; der hat gesagt: Ihr verdient zu wenig für Euere Arbeit, das geht nicht!"

Dr. Schwiedland: Woher wissen Sie, daß früher höhere Löhne waren? Exp. Nr. 136: Von Arbeiterinnen.

Dr. Hainisch: Haben Sie keinen Apparat, der den Staub auf­saugt? Exp. Nr. 136: Ja; wir haben einen, aber wo ist der Apparat und wo sind wir! (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) In der Früh trinke ich Kaffee mit Brot; znm Gabelfrühstück Brot; zu Mittag kaufe ich mir entweder im Gasthaus Bier, Wurst, Zuspeise und Brot, oder ich gehe zur Auskocherin; manchmal bleibe ich zu Mittag in der Fabrik dort kann man nur im Winter über Mittag bleiben und esse dort um 5 kr. Wurst und Brot oder Kaffee. Gewöhnlich gebe ich zu Mittag 12 bis 15 kr. aus; wenn ich mir wenig verdiene, nur 5 bis 10 kr. Ich nehme keine Jause; Abends bekomme ich von der Zimmerfrau einen Kaffee, und dann kaufe ich mir noch ein Krügel Bier und eine Wurst. Ich spüre die ungenügende Ernährung sehr, da ich oft Brustschmerz habe. Ueberhaupt schaut jede Schleiserin schlecht aus, weil man den Grünspan einathmet. Es kommen auch häufig Erkrankungen vor, zumeist Brustkatarrh. (Ueber weiteres Befragen.) Unser Arbeitsloeal ist sehr groß und rein. Es hat acht Fenster. Es ist von drei Seiten beleuchtet; es sind Glaswände angebracht. In dem Local befinden sich derzeit 20, im Winter 30 Frauen, aber nur ein Mann, nämlich der Schleifmeister. Das Local liegt in: Parterre, und die Fenster gehen auf die Gasse. Wir selbst besorgen das Auskehren und bekommen dafür 12 kr. wöchentlich. Die übrige Reinigung besorgen andere Arbeiterinnen. An Feiertagen werden die Fenster geputzt und der Fußboden höchstens einmal im Jahre ein bischen ausgewaschen. Die Aborte sind auch sehr rein und nach