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Geschlechtern getrennt. Unser Vorgesetzter nimmt keine Geschenke, denn er ist viel zu stolz und vielleicht traut er den Leuten nicht, weil er weiß, daß der Herr es nicht dulden würde. Es sind mehr ledige als verheiratete Arbeiterinnen. Ich bin bei einer Frau zu Bett und zahle fl. 1 pro Woche. Es schlafen in dem Zimmer der Zimmerherr, die Zimmerfrau, vier Kinder und ich. Ich habe ein Bett, und in den zwei anderen Ehebetten schlafen der Mann und die Frau und haben die vier Kinder in der Mitte. Ich bin in der Arbeiter-Krankencasse und zahle 17 kr. wöchentlich. Ich bin im Fach­verein der Metallarbeiter. Ich habe eine Tochter von nenn Jahren, welche mein Bruder aus dem Lande bei sich hat. Ich habe dafür keine bestimmte Zahlung zu leisten, sondern muß nur ein bischen nachhelfen. Ich kaufe Kleider und Wäsche nicht auf Raten, sondern wenn ich gerade etwas habe, zahle ich baar. Ich habe zehn Kinder gehabt, von welchen sieben gestorben sind ; außer meiner Tochter habe ich noch zwei ältere Sohne, die mich aber nicht unterstützen können. Ich habe früher bei einer M ühle Säcke genäht und ausgebessert. Bei dieser Arbeit waren wir sieben oder acht beschäftigt. Es war dabei sehr viel Staub, und zwar besonders bei den alten Säcken, die ausgebessert wurden. Für neue Säcke war der Stoss rein. Wir haben im Accord gearbeitet. Für das Ausbessern eines Sackes haben wir 2 kr. und für einen neuen Sack 5 kr. bekommen. Wenn Eine fleißig war, so konnte sie im Tag 50 bis 60 Säcke ausbessern, so daß man sich fl. 1 verdiente. Es war jedoch gewöhnlich nur drei bis vier Tage in der Woche zu thun.

Baronin Vogelfang: Wie viel neue Säcke haben Sie im Tag genäht ? Exp. Nr. 136: Den ganzen Tag haben wir nie neue Säcke genäht, sondern nur während eines halben Tages, wo wir vier bis fünf Säcke machen konnten.

Expertin Nr. 137 : Ich bin in demselben Betriebe wie die Exp. Nr. 136 durch drei Jahre beschäftigt. Ich bin seit sechs Jahren Schleifern! und war früher im Dienst; ich verdiene in der vollen Saison bis fl. 6, im Sommer fl. 4 bis 5. Mich nimmt die Beschäftigung nicht so stark her, weil ich aus der Brust gesund bin. Jm Uebrigen kann ich nur die Angaben der Expertin Nr. 136 bestätigen. Ich trinke in der Früh Kaffee und Brot, zum Gabel­frühstück nehme ich nichts, während der Mittagspause gehe ich in's Gast­haus und esse Rindfleisch, Bier und Brot, zur Jause nehme ich nichts, und Abends esse ich Thee, Wurst und Brot. Auch ich muß mich über die Be­handlung seitens des Vorgesetzten beklagen. Wenn man sich beklagt, so sagt er:Sie können zu jeder Stunde weggehen." Ueber Zudringlichkeiten in sittlicher Beziehung kann ich mich nicht beklagen. Wir haben keine Kündigungs­frist. Ich wohne in der Vorstadt, bin auch Bettgeheriu und zahle fl. 1 wöchentlich. Die Wohnung des Quartiergebers besteht aus Zimmer und Küche. Der Zimmerherr, die Zimmerfrau, ein Kind schlafen im Zimmer, ich schlafe in der Küche. Ich bin im Fachverein der Metallarbeiter, gehöre der allgemeinen Krankencasse an, zahle 17 kr. und bekomme im Krankheitsfälle fl. 4 20. Ich habe keine dritte Person zu unterstützen, habe Geschwister in Wien, die in einem Vorort wohnen und ein Geschäft haben, mit diesen kann ich hie und da Unterhaltungen mitmachen; in's Theater gehe ich nicht. Ich lese dieVolks-Zeitnug" oder was ich sonst bekomme. Ich bezahle die Kleidung gleichfalls baar und schaffe sie wir nicht auf Raten an.

Dr. Schwiedland: Worin besteht Ihre Unterhaltung? Ex­pertin Nr. 137: Wir gehen zum Beispiel hinaus in's Liebhartsthal oder zum Heurigen.

Exp. Nr. 132 «Schuhw aarenerzeugung»: Ich möchte zu meiner Aussage noch hinzufügen, daß es sich mit der Hausarbeit folgendermaßen ver­hält: Wir sind durch die Hausindustrie, die im Dienste der Zwischenmeister steht, sehr gedrückt. Sie haben einen sehr großen Nutzen und wir Schaden.