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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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Es ist so weit gekommen, daß wir von unseren eigenen Arbeitsgenossen aus­gebeutet werden. Früher haben Zwei Papper mit einer Stepperin zusammen­gearbeitet, jetzt muß eine Stepperin schon für drei bis vier Papper arbeiten. Ein solcher Zwischenmeister, der Steuer zahlt, fünf bis sechs Stepperinnen, die entsprechende Anzahl Papper und einige Lehrmädchen und Lehrjungen beschäftigt, der kommt zu den Stepperinnen hinein und sagt:Hoj, Steppe­rinnen, schaut dazu, laßt die Radel rennen!" Man kann sich denken, wie die arbeiten müssen, wenn der Herr den ganzen Tag hinter ihnen steht. Sie verdienen allerdings fl. 8 bis 9, aber das ist keine Arbeit mehr zu nennen, die müssen sich das Geld schon erschinden. Die Zwischenmeister ver­treiben'die Stepperinnen und auch die Papper aus den Fabriken. So hat zum Beispiel ein Fabrikant, den ich kenne, früher sehr viel Papper und Stepperinnen gehabt, jetzt gibt er Alles außer Hanse, weil es ihm billiger kommt/

Baronin Vogelfang: Ist in der Fabrik Stücklohn? Expertin Nr. 132: Vor sechs bis sieben Jahren war Stücklohn, da hat man noch fl. 12 bis 13 verdienen können, dann hat man immer Abzüge gemacht, aber wir haben uns trotz der schlechten Bezahlung in der Fabrik immer noch sl. 9 bis 10 verdient. Das war dem Herrn noch immer zu viel, und deshalb hat man den Wochenlohn eingeführt, und zwar fl. 7 bis 8, und wir müssen im Wochenlohn mehr fertig bringen, als früher im Stücklohn, besonders jetzt, wo die Ningschissmaschinen eingeführt sind, mit denen die Arbeit viel schneller geht.

Schluß der Sitzung 1 Uhr 30 Minuten.

28. Sitzung, Montag, 13. Ngril 1896.

Vorsitzender: Willelshöfer.

Beginn der Sitzung 7 Uhr 30 Minuten Abends.

Vorsitzender: Ich begrüße die erschienenen Experten, Herrn Schnabl Mi, "Procuristen der Firma Jac. Schnabl u. Co., und Herrn Pollak, Fabriksleiter dieser Firma. Dagegen sind wir heute nicht in der Lage, die Experten aus der Wäschebranche, welche sich zur Abgabe von Aussagen bereit erklärt haben, zu vernehmen. Herr Sternberg hat uns aus Pest telegraphirt, daß er heute nicht kommen kann, Herr Suppancic hat sich wegen Krankheit entschuldigt, und von der Firma Löwinger n. Lauser haben wir die Mittheilung erhalten, daß Herr Lauser geschäftlich verreist ist und erst Anfangs Mai zurückkommt. Ich bemerke, daß diese Firma noch einen zweiten Chef hat. Exp. Schnabl: Ich schicke voraus, daß die Angaben, die wir machen, sich nur auf den Betrieb in unserer Fabrik beziehen.

Vorsitzender: Diese Mittheilung gibt mir Gelegenheit, zu be­merken, daß auch wir nur solche Angaben wünschen, welche der betreffende Experte aus Grund eigener Wahrnehmung machen kann. Wenn die Herren Fragen geschäftlicher Natur, die wir vielleicht stellen werden, nicht zu be­antworten wünschen, so bitte dies einfach abzulehnen. Exp. Schnabl (über Befragen des Vorsitzenden): Die Zahl unserer sämmtlichen Arbeiter beträgt 500; darunter 80 bis 90 Männer. Die Männer sind alle in der Fabrik beschäftigt und nur ein sehr geringer Theil der Frauen außerhalb derselben. Letztere sabriciren einen Theil der Cigarettenhülsen. Alles klebrige