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betrieben, ein Arbeiter ein Stück vollständig selbst fertig möcht, wodurch die Frauenarbeit theilweise nicht durchführbar wird. In den größeren Be­trieben ist allerdings die Arbeitstheilung bereits in weiterem Umfange durchgeführt und daher auch die Anzahl der Frauen eine größere. Tiefe Arbeitstheilung bedingt auch ein Zurücktreten der Kundenarbeit gegenüber der Arbeit für den Händler. Bei uns halten sich Knndenarbeit und Engros- arbeit so ziemlich noch das Gleichgewicht. Mit dem Zurückgehen der Kunden­arbeit steigt die Frauenarbeit. Auch bei uns nimmt die Zahl der Frauen in diesem Gewerbe immer mehr zu. Vor 15 Jahren hat es in Wien über­haupt noch keine Kürschnerin gegeben, vor zehn Jahren gab es deren 20, vor fünf Jahren 00, heute sind, wie gesagt, 120 bis 150.

Expertin Nr. 138 (auf Befragen): Ich bin in der Kürschnerei erst drei Jahre beschäftigt. Ich war zuerst in einer kleinen Werkstätte, wo nur ordinäre Waare verfertigt wurde, dann in einem Großbetrieb. Gegenwärtig bin ich zu Hause. Exp. Karpf: Die Collegiu ist erst vor Kurzem gemaßregelt worden. Sie war in einem der größten Betriebe dieser Branche beschäftigt und wurde mit zwei anderen Arbeiterinnen wegen des Beitrittes zum Gewerkschaftsvereine entlassen. Es ist deswegen in der Fabrik ein Strike ausgebrochen, der aber schon nach drei Tagen beendigt war. Expertin Nr. 138 (über Befragen): Die Zahl der im großen Betriebe beschäftigten Personen beträgt 50 und noch mehr; davon waren in der Saison 13 Frauen, nach derselben sind Heuer zwei entlassen worden, im vorigen Jahre vier oder fünf. Ausgesetzt wird nicht; Kinder werden nicht beschäftigt. Lehr­mädchen waren in dem Betriebe, wo ich war, nicht, in anderen kommen hie und da Lehrmädchen vor, welche nebst der Kürschnerei noch Gänge ver­richten müssen. Aufgedungen werden sie aber nicht. Ich weiß das allerdings nicht aus eigener Wahrnehmung. Es sind 14-, 15-, auch 10jährigeMädchen; wie lange sie unter der Bezeichnung Lehrmädchen verwendet werden, weiß ich nicht. Ich habe zu Hause nicht gearbeitet. In der Fabrik werden meist große Artikel gemacht, die kleinen bei Stückmeistern. In der schlechten Zeit arbeiten die Stückmeister den Fabrikanten billiger. In der Fabrik werden die in der Saison zurückgeworfenen Stücke sortirt und hergerichtet; dann beginnt wieder die Musterarbeit, da die Reisenden schon Anfangs Februar abreisen. Die Mnsterarbeit ist aber keine günstige. Nach Neujahr wird jeder Arbeiterin sl. 1 vom Lohne abgezogen, den Männern auch fl. 2 und 3. Die Arbeiterinnen recrutiren sich aus Arbeiterkreisen. Arbeitsvermittlung haben wir nicht. Man muß von Geschäft zu Geschäft anfragen gehen, auch durch Zeitungen bekommt man Arbeit.

Dr. Schiff: Haben Sie nach Ihrer Maßregelung Arbeit gesucht? Exp. Nr. 138: Nein, ich bin jetzt nicht in der Lage, Arbeit anzu­nehmen.

Vorsitzender: Wann beginnt die Arbeitszeit? Exp. Nr. 138: Das ist verschieden. In dem Betriebe, wo ich zuletzt war, war die Arbeits­zeit von halb 8 bis halb 1 und von 2 bis 7 Uhr. In der Saison haben wir um 8 Uhr angefangen, und um halb 8 Uhr aufgehört. Wir machten auch Ueberstuuden, und zwar arbeiteten wir in der Saison zwei-, dreimal in derWoche bis 11, 12 Uhr Nachts. Wir haben oft 15 Stunden ununter­brochen gearbeitet. Auch an Sonntagen wird öfters gearbeitet. Im Sommer ist die zehnstündige Arbeitszeit eingehalten worden. Außer der Mittagspause hatten wir keine Pausen, wir haben aber verstohlen, während der Arbeit, Bor- und Nachmittag, was wir eben hatten, Brot, Butter­brot u. dergl., gegessen. Jetzt aber, glaube ich, ist Vor- und Nachmittag schon eine Viertelstunde Pause eingeführt.

Vorsitzender: Haben Sie auch an der Maschine gearbeitet? Exp. Nr. 138: Ja, die Maschine ist etwas schwerer gehend als eine gewöhnliche. Es hängt das übrigens von der Stärke des Felles ab. Für