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Kundengeschäfte von Wien, wo blos drei Arbeiterinnen neben 20 Männern beschäftigt werden. Die Arbeiterinnen müssen genau so lange arbeiten wie wir, und zwar täglich bis 10 Uhr. Die Saison dauert von Mitte October bis Weihnachten. Vier Wochen vor Weihnachten wird täglich bis 11 Uhr gearbeitet. Da wir Sonntag Nachmittag absolut nicht arbeiten wollten, wurde uns vom Chef Hausarbeit angetragen. Einzelne haben diese auch angenommen und haben vier bis fünf Wochen hindurch tagtäglich Arbeit nach Hause genommen, an der sie bis 2 Uhr Morgens zu arbeiten hatten. Wenn eine Arbeiterin sich am nächsten Tag um zehn Minuten verspätet hat, wurde sie zusammengeschimpst. Man hat nicht viel gefragt, ob wir, wenn wir bis l2 Uhr gearbeitet, nächsten Morgen werden pünktlich kommen können. Wir mußten das thun, ob wir konnten oder nicht.

Vorsitzender: Bekommt man in kleineren Betrieben Kost und Wohnung? Exp. Nr. IM: So viel ich weiß, nicht.

Vorsitzender: Wie ist es mit Geschenken an Vorgesetzte? Exp. Nr. 138: Geschenke haben wir nicht zu machen. Exp. Karpf: Bei uns ist es usuell, Geschenke zu machen. Als die Tochter des Chefs heiratete, wollte man uns zwingen, einen silbernen Tafelaufsatz um fl. 1^0 zu kaufen. Wir aber haben das nicht gethan, sondern nur ein Glückwunsch­telegramm abgesendet. Auch jetzt wollten uns die älteren Arbeiter zwingen, zur Feier des 25jährigen Bestandes des Geschäftes eine Glückwunschadresse zu machen. Wir aber haben nur ein Glückwunschschreiben an den Herrn gerichtet, und die älteren Arbeiter haben, mit Ausnahme eines einzigen, selber eine Adresse um fl. 20 machen lassen. Der Eine, der mit uns gehalten hat, wurde den: Herrn angezeigt und von demselben zusammengeschimpst.

W i t telshöser (zur Expertin Nr. 138): Die Hausarbeit ist mit der Hand gemacht worden? Exp. Nr. 138: Ja, es war Handarbeit. Sie wurde, da man ungefähr wußte, wie lange man dazu braucht, nach Stunden bezahlt. Zngehör hatten wir uns von der Fabrik mitgenommen.

Vorsitzender : Wie sind die Ernährnngsverhältnisse? Expertin Nr. 138: Ueber das Frühstück weiß ich nichts, zum Gabelfrühstück essen die Arbeiterinnen Kaffee oder Butterbrot, zn Mittag sind Diejenigen, welche konnten, und die noch Eltern haben, nach Hause gegangen, Andere gingen in's Volkscafe, Andere wieder in die Volksküche, wieder Andere zum Greißler. Ein Theil ist zum Privat-Auskocher gegangen, was auch ich gethan habe. Fleisch wurde nach meiner Erfahrung sehr selten gegessen. Wenn es vorgekommen ist, so haben sich gewöhnlich zwei Arbeiterinnen eine Portion Fleisch geben lassen. Zu Mittag ist das Vocal gesperrt worden, und da haben wir in der Saison im gesperrten Vocale gearbeitet, natürlich unter Aufsicht. Um 2 Uhr ist das Vocal wieder geöffnet worden. Zur Jause war Butterbrot oder Brot allein.

Dr. Ofner: Wie viel hat man in der Volksküche oder beimPrivat- Anskocher ausgegeben? Exp. Nr. 138: Das war nicht gleich, einmal mehr, einmal weniger. Das Essen in der Volksküche war sehr schlecht und auch nicht genug. (Ueber Befragen.) Die Arbeitsränme sind im Parterre, ersten und zweiten Stock. Wir haben abgetheilt von den Männern gearbeitet. Diese sind aber meistens nach 4 Uhr zu uns hineingekommen, weil sie da ihre Arbeit, das Aufspannen der Felle, zu verrichten haben. In dem Raume, wo wir arbeiteten es waren 13 Personen befanden sich nur zwei Fenster. Es war da ein ziemlich starker Dunst. In der Früh hat der Haus­diener ausgekehrt. Wenn wir in die Arbeit gekommen sind, war das Zimmer voll Staub. Ausgegeben wurde voriges Jahr zweimal, Heuer aber noch nicht einmal. Die Fenster sind von einer eigenen Person gereinigt worden, die Wände wurden nicht abgestaubt, geweißt wurde auch nicht. Geheizt hat man im Arbeitsraume nicht. Im kleinen Betriebe war das Local sehr schlecht; es war ein Raum von zwei Zimmern. In einem Zimmer hat der