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Denn es kommt ein Kind, und in Folge dessen bleibt sie eine Zeit lang aus; dann kommt wieder ein Kind nach einem Jahre u. s. w. Das ist ein förmlicher Turnus.
Dr. Bi-ezina: Halten Sie es nicht für denkbar, daß die Abneigung der Arbeiter gegen die Schutzvorrichtungen darin begründet ist, daß bei ihrer Verwendung die Verwundungen zwar seltener, dafür aber schwerer sind? — Exp. Vetter: Ich glaube nicht. Die Ursache liegt lediglich darin, weil sie ihnen etwas unbequem sind, so daß sie mehr aufpassen müssen. Ein Mädchen prägt mit dem Dampfexcenter täglich 15.000 Kapseln; wie sie aber das erste Mal mit der Schutzvorrichtung arbeitet, so macht sie vielleicht lOOO oder 2000 weniger. Jetzt ist übrigens dieser Kampf schon beinahe überwunden. Es ist merkwürdig, welchen Heroismus die Frauen bei dieser Gelegenheit zeigen. Wenn sich eine ein Fingerspitzel weggezwickt hat und sie, nachdem es geheilt wurde, wieder kommt und ich sie frage, ob ich sie nicht zu den Lackirerinnen geben soll, so sagt sie: „Nein, ich bleibe bei der Maschine. Ich gehe nicht zu den Lackirerinnen", wiewohl die Letzteren weder anstrengender arbeiten, noch auch geringer bezahlt werden.
Dr. Btezina: Sie sagten, daß, seit die Schutzvorrichtungen eingeführt sind, die Verwundungen etwas gefährlicher sind. Worin zeigt sich ßies? — Exp. Better: Früher wurden die Finger gewöhnlich nur gequetscht, aber jetzt wird auch das erste Knochenglied etwas lädirt.
Pernerstorfer: Ich habe gehört, daß vor nicht langer Zeit es vorgekommen ist, daß einer Arbeiterin das ganze Glied des Fingers weg- gequetscht wurde. — Exp. Vetter: Das dürfte vielleicht jener Fall sein, anläßlich welches sogar eine Bezirksgerichtsverhandlung stattfand. Da wurde aber das Glied nicht weggequetscht, sondern die Verwundung wurde für die Arbeiterin deshalb bedenklich, weil sie die Sache vernachlässigt hat. Uebrigens geschah dies nicht bei der Excenterpresse, sondern bei der Handpresse.
Mittels höfer: Wie viel Personen sind beim Bleigießen beschäftigt? — Exp. Vetter: Zwei Männer.
W itt e l sh ö f er: Könnten zu dieser gesundheitsschädlichen Arbeit nicht vier Männer genommen werden, welche alterniren? In Ihrem großen Betrieb kann doch das nicht ausschlaggebend sein! — Exp. Vetter: Das geschieht ohnedies, denn die Leute kommen nach ein paar Monaten zum Walzen. Uebrigens wechseln die Arbeiter nicht gern in ihrer Arbeit. Auch spielt da der Kostenpunkt mit, denn wenn ich Schichten einführen würde, wäre das eine recht kostbare Sache. Ich stehe überhaupt seit einiger Zeit vor der Frage, ob ich nicht das Geschäft aufgeben und von Wien wegziehen soll, denn ich habe starre Concurrenz von Böhmen, da die Fabriken dort unglaublich billig arbeiten.
Wittelshöfer: Wäre es nicht möglich, das Herausschöpfen des Bleies so zu machen, daß sich die Leute nicht über den Kessel beugen? — Exp. Vetter: Das ist nicht möglich.
Wittelshöfer: Es wurde gesagt, daß sich der Rauch aus der Schmelzerei über die ganze Fabrik verbreite. — Exp. Vetter: Das ist einfach die Schlamperei der Herren Gießer. Es geht einer hinaus, läßt die Thür offen, und so kommt der Dürrst in den nächsten Saal hinein. Ich habe erst vor einigen Tagen deswegen einen Mordsspectakel gemacht.
Dr. Schiff: Ist bei Ihnen der Wechsel ein sehr großer? — Experte Vetter: Ich habe 22 Frauen, welche 10 bis 15 Jahre, 42, welche über 5 Jahre, 31, welche über 3 Jahre, und eine Anzahl, welche schon mindestens ein Kalenderjahr lang bei mir arbeiten. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Die Arbeitszeit dauert bei mir zehn Stunden, und zwar von 7 Uhr Früh bis 12 Uhr Mittags und von 1 bis 6 Uhr. Vor- und Nachmittag kommt ein Wirth in die Fabrik, bei dem sich die Leute Bier und Brot kaufen;