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erdig. Die Fenster gehen auf einen großen Hof. Der Abort ist schlecht. Er ist für Frauen und Männer nicht gesondert und wird fetten gereinigt.

Vorsitzender: Bleibt über Mittag Jemand im Locale? Expertin Nr. 147: In unseren! Betriebe nicht, nur die Zwischenmahlzeiten werden während der Arbeit gegessen.

Dr. Osner: Sie haben gesagt, Sie hätten sich über den Vorge­setzten nicht zu beklagen, und doch wird die Arbeit verschieden den einzelnen Arbeiterinnen zugetheilt. Was bestimmt denn den Werkführer, einer bessere und einer anderen schlechtere Arbeit zu geben? Exp. Nr. 147: Bei uns ist es so, daß mehrere Arbeiterinnen mit ihm sehr intim sind. Die bekommen eben bessere Arbeit. Ob sie ihm etwas zahlen oder Geschenke geben, weiß ich nicht. Eine von den Arbeiterinnen wohnt mit ihm im selben Hause. Die Arbeiterinnen sind meist Frauen.

Wittelshöfer: Sind die Verdienstverhältnisse in dem früheren Betriebe ebenso wie die in Ihrem? Exp. Nr. 147: In Dampfbetrieben verdient man mehr. Es kommen auch Löhne von st. 5 bis 6 vor, aber das erhalten nur die Anfängerinnen.

Frl. Fickert: Wird während der Mittagspause gelüftet? Exp. Nr. 147: Wenn die Arbeiterinnen das Fenster aufmachen wollen, so wird gelüftet, aber wenn sie es nicht machen, so wird nicht gelüftet.

Vorsitzender: Kommen in Bezug auf Sittlichkeit Beschwerden vor? Exp. Nr. 147: Nein; Männer und Frauen arbeiten räumlich getrennt. In der Werkstätte selbst, wo wir arbeiten, ist kein Mann be­schäftigt. (Ueber Befragen.) Es sind mehrere Frauen und Mädchen bei uns. Im Allgemeinen sind sehr häufig Frauen beschäftigt. Wir haben zwar eine Organisation, aber es gehören nur sehr wenige Frauen derselben an. Es ist theils Mangel an Verständniß sie sagen nämlich, das führt zu nichts theils trauen sie sich nicht. Ein directes Verbot vom Chef haben wir nicht, aber er sieht es nicht gern. Wir sind in der Bezirks-Krankencasse und zahlen 43 kr. monatlich. Der Herr zahlt auch einen Theil. Unfälle kommen bei uns nicht vor, aber bei Dampfbetrieben. Ob die Arbeiterinnen in solchen Betrieben bei der Unfallversicherung sind, weiß ich nicht. (Ueber Befragen.) Wir bewohnen in Ottakring Zimmer und Küche und zahlen st. 8'50 monatlich. Wir sind fünf Personen. Mein Mann ist Metallschleifer. Er ist aber schon 63 Jahre alt, und mehr ohne Geschäft als im Geschäft, da ihm die jungen Kräfte vorgezogen werden. Ein Bub ist Eisendreherlehrling und be­kommt st. 2'50 wöchentlich. Eine Tochter ist in einer Knopsfabrik und be­kommt st. 4. Die anderen drei Kinder sind unmündig. Ein Bub geht in die Schule, ist l.3 Jahre alt, einer 6 Jahre, und eine Tochter im Alter von 26 Jahren ist ein Krüppel. Als sie 18 Monate war, hat sie Gehirn- höhlenwassersucht gehabt.

Wittelshöfer: Was hat die in der Knopsfabrik beschäftigte Tochter für eine Arbeit? Exp. Nr. 147: Sie ist bei der Presse und arbeitet Manschetten- und Hemdknöpse.

Dr. Schwiedland: Sie haben gesagt, es wird nicht gerne ge­sehen, daß die Arbeiterinnen bei Organisationen sind. Woher wissen Sie das, und wie erfährt das der Chef? Exp. Nr. 147: Die Colleginnen sagen es dem Werksührer und dieser dem Chef. Der Herr kümmert sich darum weniger, aber von den Colleginnen wird man gesrozzelt.

Dr. Schwiedland: Wie viel verdienen Sie im Geschäfte in der schlechten Zeit? Exp. Nr. 147: In der letzten Pfingstwoche verdiene ich st. 5 bis 7. Bei uns ist der Unterschied nicht so groß, aber in manchen Geschäften bei Dampfbetrieb verdient man in der Hochsaison st. 25 bis 30 und in der schlechten Zeit auch nur fl. 6 bis 7. Um den Verdienst von st. 25 bis 30, was aber nicht häufig vorkommt, zu erreichen, muß eine Arbeiterin zwölf Stunden arbeiten. Diejenigen, welche fl. 5 und 7 ver-