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Herrdegen: Was war die Ursache Ihres Austrittes? Expertin Nr. 152: Die unvorteilhafte Vertheilung der Arbeit durch den Stell­vertreter des Herrn.

Dr. Schwiedland: Was hatten Sie für eine Arbeit? Expertin Nr. 152: Ich mußte vorgedruckte Formulare ausfüllen.

Dr. Schwiedland: Haben Sie Sprachkenntniffe? Expertin Nr. 152: Ich kann französisch und englisch, habe aber dies nicht ver­werthet. Nach den sechs Monaten wollte ich unbedingt fort; ich reichte Offerte ein und bekam eine Antwort mit der Aufforderung, sofort hinzu­gehen. Ich hatte aber keine Zeit dazu. Ein zweites Offert, welches ich auf Grund einer Annonce einreichte, kam zufälligerweise wieder an dieselbe Firma. Da bin ich hingegangen, und man zeigte mir 80 bis 100 Offerte, von welchen nur fünf geöffnet waren. Da aber die Bedingungen unannehmbar waren, bin ich dort nicht eingetreten.

Dr. Schwiedland: Sie sprachen von einer ungünstigen Vertheilung der Arbeit, in Folge deren Sie fortgegangen sind. Exp. Nr. 152: Der Stellvertreter des Chefs hatte sehr viel Arbeit. Wenn Jemand gekommen ist, zeigte er immer, was er Alles zu thun hat. In Wirklichkeit hat er aber die Arbeit nicht allein gemacht, sondern ich habe einen sehr großen Theil davon besorgt. Wenn der Chef heraufgekommen ist und fragte, was ich thue, so hat der Stellvertreter immer nur gesagt, ichhelfe" bei der Arbeit mit. Der Stellvertreter des Chefs selbst hatte mit dem Parteienverkehr sehr viel zu thun. Auch meine Augen haben gelitten, weil ich zu müde war, um aufrecht zu sitzen und deshalb in gebückter Stellung arbeitete.

Baronin Vogelfang: Seit wann bemerken Sie, daß Ihre Augen schlecht sind ? Exp. Nr. 152: In der Schule hatte ich noch gute Augen. Im Bureau habe ich gewöhnlich von 2 bis 7 Uhr ununterbrochen geschrieben; da kann man natürlich nicht die ganze Zeit aufrecht fitzen; in Folge dessen habe ich nach drei oder vier Monaten bemerkt, daß meine Augen schlechter werden.

Baronin Vogelfang: Wie alt find Sie? Exp. Nr. 152: 17 Jahre.

Dr. Schwiedland: Was ist Ihr Vater? Exp. Nr. 152: Selbstständiger Kaufmann. Ich wohne bei meiner Familie.

Dr. Schwiedland: Gehören Sie einem kaufmännischen Vereine an? Exp. Nr. 152: Ich gehöre nur der Krankencasse an.

Expertin Nr. 153 : Ich bin seit zehn Monaten Comptoiristin und bin bei den Büchern mit der Correspondenz und Stenographie beschäftigt. Außer mir sind im Comptoir nur noch ein Buchhalter und ein Correspondent. Ich wurde durch den Director der Handelsschule in's Geschäft empfohlen. Meine Vorbildung besteht in der Bürgerschule und Handelsschule. Ich bin am 10. Juli aus der Handelsschule ausgetreten und wurde am 15. Juli bereits in's Geschäft aufgenommen. Ich -bin 10 Jahre alt.

Dr. Ofner: Welche Bücher führen Sie? Exp. Nr. 153: Ich habe die Strazza geführt und auch, wenn sonst etwas einzutragen ist, Rimessen- Conti u. s. w. Nur das Hauptbuch und Saldoconto führt der Buchhalter.

Dr. v. Fürth: Was für ein Geschäft ist es, in dessen Comptoir Sie arbeiten? Exp. Nr. 153: Eine Roßhaarfabrik.

Vorsitzender: Wie ist die Arbeitszeit? Exp. Nr. 153: Meine Arbeitszeit ist von '/s8 Uhr Früh bis 12 Uhr und von 2 Uhr bis V,8 Uhr Abends. Wenn aber mehr zu thun ist, wird es mit dem Schluß der Bureaustunden nicht so genau genommen, und es wird dann bis 8 Uhr gearbeitet. Frühstücks- und Jausenpause haben wir nicht. Im Winter ist jeden Sonn- und Feiertag von 8 bis 12 Uhr Bureau. Im Sommer habe ich jeden zweiten Sonntag frei, da wir abwechseln. Ich habe eine vierwöchentliche Kündigungsfrist. Mein Anfangsgehalt betrug fl. 20, dann bekam ich fl. 25, und seit Neujahr bekomme ich fl. 35. Ich habe Aus-