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wir zweimal im Monat Nachtdienst machen. In der Versicherungsanstalt, in welcher ich jetzt beschäftigt bin, sind die Bnreamtunden von 8 bis '/r4. Von 11 bis (U2 ist eine Pause zum Essen. Es sind dort 19 Fräuleins be­schäftigt und eine weitaus größere Anzahl von Herren, da ja ein vier Stock hohes Hans ganz allein von den Bureaux eingenommen ist. Die Beschäf­tigten in meiner Abtheilung sind lauter Damen aus dem Mittelstände, und es wird von ihnen verlangt, daß sie eine Handelsschule absolvirt haben und die Buchhaltung verstehen. Vor dem Eintritt wird man einer Prüfung im Rechnen unterzogen. Man kommt nur durch sehr hohe Protection hinein.

Dr. Frey: Worin besteht Ihre Arbeit? Exp. Nr. 154: Ich schreibe Quittungen, fülle die Formulare aus und arbeite auch für die Statistik.

Dr. Schwiedland: Was thun Sie in der Statistik? Expertin Nr. 154: Man muß addiren, die verschiedenen Formulare ausfüllen rc. Es wird immer nur bis '/24 Uhr gearbeitet. Nur einige Fräuleins, welche die Correspondenz besorgen, bleiben eventuell eine Viertel- oder halbe Stunde länger dort. An Sonntagen wird von 0-9 bis V 2 I 2 Uhr gearbeitet. Jeder zweite Sonntag ist frei. Mein Gehalt beträgt jetzt fl. 30 und habe ich keine Aussicht auf Besserung.

Dr. Schwiedland: Sind in Ihrem Bureau Herren durch Fräu­leins ersetzt worden? Exp. Nr. 154: Ja wohl. Wir verrichten jetzt die­selbe Arbeit, welche die Herren neben uns machen. Letztere sind besser be­zahlt. Der geringste Gehalt beträgt fl. 40.

Vorsitzender: Kommen bei Ihnen Strafen oder Abzüge für irgend welche Dienstesvernachlässigung vor? Exp. Nr. 154: Nein.

Dr. Br-ezina: Wir haben gehört, daß z. B. bei Advocaten die Herren besser bezahlt werden, weil sie einzelne Dienste verrichten, welche die Frauen nicht besorgen können. Ist bei Ihnen etwas Aehnliches? Exp. Nr. 154: Das weiß ich nicht.

Dr. Schwiedland: Sind bei Ihnen die Aufsichtsorgane Herren? Exp. Nr. 154: Wir haben einen Bureauchef, der einmal des Tages zu uns kommt, und eine Vorsteherin, die ebensoviel Gehalt hat wie wir und außerdem zweimal jährlich eine Remuneration bezieht. Sie ist jedoch nicht meine specielle Vorgesetzte, weil ich nicht stets für die Statistik arbeite. In der Abtheilung, in der ich arbeite, sind 15 Fräuleins in zwei Zimmern be­schäftigt, von welchen das eine drei, das andere zwei Gasfenfenster har. Die Zimmer sind sehr licht; es wird täglich gekehrt. Mit den Herren kommen wir nicht in Berührung. Das Verhältniß zum Bureauches ist ein gutes. (Ueber Befragen.) Geschenke an Vorgesetzte kommen nicht vor. Ich lebe bei meiner Mutter, welche Pensionistin ist, und habe nur einen jüngeren Bruder. Ich bin bei der Krankencasse; die Beiträge werden von der Gesellschaft ge­leistet. Ich gehöre keinem Vereine an.

Dr. Ofner: Was geben Sie Ihrer Mutter? Exp. Nr. 154: Den ganzen Gehalt und bekomme von ihr ein Taschengeld. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Wir haben vierzehntägige Kündigung. Zu Neujahr bekommen wir den doppelten Gehalt.

Veith: Sie sagten, daß Ihnen beim Telephon fl. 1 monatlich für die Bezirks-Krankencasse abgezogen wurde. Das scheint mir etwas viel zu sein. Exp. Nr. 154: Es waren nur 88 kr. Jetzt zahlt die Telephon- Gesellschaft selbst die Versicherungsbeiträge.

Expertin Nr. 155: Ich war zwei Jahre lang Näherin in der Schirm­branche. Jetzt bin ich seit einem Jahre beschäftigungslos. Es waren zehn Personen dort beschäftigt, unter welchen sich nur ein Gehilfe befand, die übrigen waren Frauen. Ich war dort meist bei der Maschine beschäftigt. Das Gestell fabricirte der Gehilfe; es war dort eine zweijährige Lehrzeit