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seit einem halben Jahr nicht mehr Cravattennäherin. Früher habe ich bei einem Zwischenmeister gearbeitet. Ich habe alle Fa^ons gemacht. Ich war Handnäherin; da habe ich Futter eingenäht. Es ist Alles im Hanse gemacht worden; verschiedene Fa?ons, Faltencravatten, Selbstbinder, Knoten nicht. Ich war im Wochenlohn. Seitdem ich nicht mehr bei dem Zwischenmeister bin, arbeite ich überhaupt nicht mehr, weil es sich mir nicht rentirt.
Herrdegen: Warum sind Sie nicht selbst zu dieser Fabrik gegangen und haben dort Arbeit verlangt? — Exp. Nr. 163: Weil mich die Zwischen- meisterin nicht das Zusammensetzen hat lehren wollen.
Herrdegen: Wie lange waren Sie im Betriebe? — Exp. Nr. 163: Fünf Jahre.
Herrdegen: Können Sie jetzt eine Cravatte ganz allein machen? — Exp. Nr. 163: Nein.
Dr. Ofner (znr Exp. Nr. 162): Haben Sie während der drei Monate Ihrer Lehrzeit etwas bekommen? — Exp. Nr. 162: Nein. Nach den drei Monaten habe ich wöchentlich fl. 1 bekommen, nach einem Jahre habe ich fl. 2 bekommen, das ist schon ein Mittellohn.
Baronin Vogelfang (zur Exp. Nr. 164): Sie sagten, Sie gingen nicht in die Fabrik, weil Ihnen die Zwischenmeisterin nicht gezeigt hat, wie man eine ganze Cravatte macht. Hätten Sie das nicht auch ohne die Zwischenmeisterin lernen können? — Exp. Nr. 163: Nein. Die Zwischenmeisterin ist in einem anderen Zimmer gesessen, und ohne Anweisung konnte ich das nicht lernen, weil ich die Vortheile nicht kenne.
Vorsitzender (zu allen Experten): Können Sie uns bestätigen, daß man absichtlich die Vortheile, eine ganze Cravatte fertig zu machen, den Mädchen verbirgt? — Exp. Nr. 165: Gewiß, denn wenn die Arbeiterin eine Cravatte selbst fertig machen kann, macht sie sich selbstständig.
Vorsitzender: Halten Sie die Arbeit für so schwierig, daß man dazu erst Anweisungen bekommen muß, z. B. Selbstbinder zu machen? — Exp. Nr. 165: Das nicht, aber wenn man keipe genügende Praxis hat, kann man das nicht gut machen und bekommt dann in den Geschäften keine Arbeit. Man sieht das sogleich, ob Eine etwas kann oder nicht. Es ist absichtlich so eingerichtet, daß die Arbeit in kleine Theile zersplittert wird und jede Arbeiterin nur einen Theil zu arbeiten bekommt.
Vorsitzender (zur Exp. Nr. 165): Wird bei Ihnen nach der Zeit gezahlt oder nach Stück? — Exp. Nr. 165: Das ist nicht gleich; Manche zahlen per Stück, meistens aber pro Tag, weil die Meisterin sich dabei besser steht. (Ueber Befragen.) Zngehör hat die Arbeiterin nicht beizustellen, das gibt die Meisterin. Gearbeitet wird von 7 Uhr bis 12 Uhr imd von 1 Uhr bis 7 Uhr. Für Ueberstnnden bekommt man 5 bis «1 kr. pro Stunde. Wir haben auch Saisons. Im Hochsommer ist sehr wenig zu thun. Da arbeitet die Zwischenmeisterin selbst; die Näherin muß schauen, daß sie sich anderswo fortbringt. Wenn sie dann wieder in die Arbeit kommen will, so kann sie es, wenn nicht, nicht. (Ueber Befragen.) Es wird auch Arbeit nach Hause genommen. Diese Arbeit wird nicht besonders gut bezahlt; ein paar Kreuzer per Dutzend. Männer arbeiten in dieser Branche nicht. Abzüge kommen nicht vor, außer man kommt einen Tag z. B. krankheitshalber wcht, dann wird das abgezogen.
Vorsitzender: Wie hoch pflegen die Löhne in dieser Branche zu sein? — Exp. Nr. 165: Der Lohn fängt mit 50 kr. an, das bekommt ein Lehrmädchen, dann fl. 1.
Vorsitzender: Was ist denn ein Lehrmädchen? Wie lange ist man denn ein Lehrmädchen? — Exp. Nr. 165: Das ist nicht bestimmt, drei, sechs Monate, je nachdem sich das Mädchen von der Frau ausnützen läßt. Also mit 50 kr. fängt der Lohn an, eine ausgekernte Arbeiterin bekommt fl. 2 bis 3, wenn sie tüchtig ist, fl. 4. Wenn Eine vier bis