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aus gutem Herzen mit einem kleinen Honorar; wenn ein Wohlhabender Unterricht haben will, verlangt er natürlich mehr.

Vorsitzender: Gibt es auch Lehrerinnen? Exp. Niedt: Ich glaube, es gibt deren zwei bis drei. Das Honorar richtet sich selbst­verständlich auch nach der Stundenzahl. Ich spreche da von Theaterschulen, denn einzelne Schauspieler, welche unterrichten, nehmen nur Leute auf, die Talent haben und ihnen Ehre machen können. Die Schulen aber nehmen jeden auf und lassen ihn zahlen, was er eben kann. Pauschalbeträge für die ganze Ausbildung kommen wohl niemals vor, sondern es wird immer für einzelne Stunden öder pro Monat gezahlt. In den Schulen werden die jungen Leute nicht von mehreren Lehrern unterrichtet, sondern immer nur von einem einzelnen Lehrer. Es kommt vor, daß mehrere Schüler in einer Stunde ver­einigt werden; das ist natürlich billiger als der Einzelunterricht. Was das nominale Honorar ist, kann ich nicht sagen, denn die Leute machen daraus ein Geheimniß; das ist eben Geschästssache.

Dr. Schwiedland: Gibt es nicht auch eine Ausbildung auf Credit, auf Bezahlung aus der künftigen Gage? Exp. Niedt: Es kommt vor, daß ein junger Mann Talent hat und daß dann der Lehrer, wenn er human ist, sagt:Du bezahlst nur irgend eine Kleinigkeit, ich bilde Dich aus, bringe Dich in ein Engagement, und dann bist Du mir für eine gewisse Summe gut."

Dr. Schwiedland: In welcher Form wird diese Verpflichtung festgelegt? Exp. Niedt: Ich glaube nicht, daß besondere Verträge darüber geschlossen werden, sondern es ist ein freies Uebereinkommen, vielleicht durch einen Brief bestätigt. Meistens arbeiten diese Lehrer im Hintergründe mit der Agentur zusammen, denn gewöhnlich gehen die jungen Leute nur des­halb zum Lehrer, weil er ihnen ein Engagement in Aussicht stellt, was er eben mit Hilfe eines Agenten thun kann, nicht aber deshalb wenn ich von wirklich guten Lehrern absehe um factisch etwas zu lernen. Denn die jungen Theatercandidaten sind gewöhnlich so stolz, daß sie glauben, sie seien auch ohne Ausbildung schon bedeutende Schauspieler.

Wittelshöfer: Glauben Sie, daß ein Lehrer zu Beginn des Unterrichtes sich über das Talent des Betreffenden klar ist? Experte Niedt: Im ersten Moment nicht, aber nach mehreren Lectionen kann ein Lehrer, wenn er überhaupt im Stande ist, das zu beurtheilen, schon sagen, ob Talent vorhanden ist oder nicht; ob das Talent bedeutend ist, das kaun er freilich nicht wissen.

Wittelshöfer: Werden auch solche ausgebildet, denen man kein Talent zusprechen kann? Exp. Niedt: Wenn das nicht wäre, gäbe es nicht so schlechte Schauspieler als thatsächlich vorhanden sind.

Pernerstorfer: Ist Ihnen nicht bekannt, daß dieser Unterricht auf Credit oft bei Sängern und Sängerinnen vorkommt? Exp. Niedt: Das kann ich nicht Positiv sagen, weil mir dieses Fach ferner steht.

Dr. Ofner: Daß als Lehrer gewöhnlich nur Männer thätig sind, bezieht sich wohl nur auf Schauspielschulen? Exp. Niedt: Ja; denn Gesangslehrerinnen gibt es mehr als Gesangslehrer.

Dr. Ofner: Wenn ein solcher Massenunterricht stattfindet, dann dürfte das Honorar sehr verschieden sein, so daß Manche mehr, Manche weniger bezahlen. Exp. Niedt: Das weiß ich nicht, das ist Geschäfts- geheimniß.

Herrdegen: Ist es möglich, daß ein einziger Lehrer speciell die Damen für mehrere Fächer ausbildet, also als Tragödin, Naive u. s. w. Exp. Niedt: Ja, es ist möglich, wenn er eben die Qualification dazu hat. Welches Fach ein Schüler ergreift, richtet sich nach seinem Aeußeren und seinen Anlagen. Ein junger, hübscher Mann wird meistens Liebhaber; ein junges Mädchen, das ein bischen raspelt, meist Naive.