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schuld, in denen sich die Theater befinden. Es gibt in unserer Kunst Menschen, die in kleinen Städten und Dörfern herumziehen und von denen die Be­hörden sagen, sie seien eine Landplage; und darunter sind manchmal Schau­spieler, die, wenn auch nicht an Hoftheatern, so doch an guten Stadttheatern angestellt waren. Da geht manches Talent verloren!

Dr. Osner: Ich habe gehört, daß in den Agenturen ziemlich unideale Verhältnisse bezüglich der Sittlichkeit herrschen. Exp. Niedt: Aus eigener Erfahrung kann ich da nichts sagen, weil ich niemals mit Agenturen verkehrt habe. Da kommen die jungen Leute und müssen in großen Massen aus die Vermittlung warten. Es ist entsetzlich, welch ein frivoler Ton ihnen gegenüber von den Agenten und besonders von den Angestellten angeschlagen wird. Es ist gang und gäbe, daß man die Leute duzt, und es werden dort auch Späße gemacht, die nicht gerade für höhere Töchterschulen passen.

Dr. Riedl: Binden sich die Directoren an die Bermittlung be­stimmter Agenten, so daß sie sich verpflichten, nur mit einem Agenten ab­zuschließen? Exp. Niedt: Ja, besonders dann, wenn der Director mit dem Agenten in anderweitiger Geschäftsverbindung steht. Zur Uebernahme eines Theaters gehört ein ziemlich großes Ansangseapital. Da wenden sich die Directoren, wenn sie niemano Anderen haben, an den Agenten, der ihnen das Geld aus seiner Tasche vorschießt und dafür die Bedingung stellt, nur mit ihm abzuschließen, damit er auf diese Weise sein Geld herein­bekomme.

Dr. R iedl: Sind die sogenannten Kindervorstellnngen nicht auch eine Vorbereitnngsschule? Exp. Niedt: Es ist wohl möglich, daß junge Gemüther dadurch begeistert werden, aber meist bilden diese Vor­stellungen keine Stufe zum Theater.

Dr. Schwiedland: Sie haben gesagt, daß viele Schauspiele­rinnen untergehen. Wie verhält es sich damit? Exp. Niedt: Sie müssen ein kleines Capital von Anfang an von ihren Eltern oder sonst Jemand haben, damit sie ihre Lehrzeit durchmachen und auch zu ihrer Anfangsgage eine Zubuße haben. Ist einmal dieses Capital verbraucht und werden sie nicht mehr unterstützt, so gehen sie eben, wenn sie keine höhere Gage haben, zu Grunde.

Dr. Schwiedland: Wissen Sie, ob die Abgaben, welche solche Anfängerinnen an Zeitungen zu leisten haben, groß sind? Exp. Niedt: Das sind Dinge, welche die Leute gewöhnlich nicht erzählen, aber es kommt schon vor, daß, wenn diese Anfängerinnen in eine große Stadt, nach Wien oder Hamburg kommen, die sogenannten Revolverjournalisten sich ihnen vorstellen und sagen:Es ist nothwendig, daß Sie populär werden; ich werde Ihr Bild bringen u. s. w." Natürlich thut er das nicht umsonst. In vielen Fällen aber kommen auch die Schauspielerinnen zu den Journalisten. (Auf Befragen.) Der Anfangsgehalt der jungen Damen an den Provinz­bühnen ist sehr verschieden. Es wird bereits als ein recht anständiges Engagement betrachtet, wenn sie fl. 50 Gage und 50 kr. oder st. 1 Spiel- honorar pro Abend bekommen, sl. 00 bis 70 sind Wohl die höchste Ansangsgage. An Provinzbühnen für kleinere Fächer werden nur fl. 30 bezahlt. Die Schauspielerinnen müssen aber sich selbst die Toiletten bezahlen und bei den Provinzbühnen sogar auch die Costüme. In Wien finden An­fängerinnen überhaupt nur beim Chor Anstellung. Ausnahmsweise könnte es sich um wirklich große Talente handeln, die dann schon mit sl. 300 bis 500 monatlich ihr erstes Engagement finden. Der Gehalt beim Chor ist im Maximum fl. 50 und etwa sl. 1 Spielhonorar dies aber ungarantirt, das heißt wenn die Choristin nicht spielt, bekommt sie kein Spielhonorar. Im "klebrigen beträgt die Gage beim Chor fl. 45, 35, 30, 20 und noch weniger. Es kommt da aus das Angebot an. Manche bietet sich dem Tireetor als Choristin an, um nur überhaupt aus der Bühne sein zu können.