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und da wird Einem das Geld so hingeworfen. Letzthin ist ein Gulden Hinuntergefallen, den ich nicht mehr gefunden habe.

Dr. Ofner: Wo sind Sie denn ausgezahlt worden? Expertin Nr. 171: Auf der Straße. Ich habe sie darum gebeten, weil ich es gebraucht habe. Da hat sie sich geärgert und hat's mir so hingeworfen. Ich weiß nicht, ob sie den Gulden gefunden hat, aber in einigen Tagen hat sie mir ihn doch gegeben.

Frl. Fickert: Haben Sie keinen Erziehungsbeitrag bekommen? Exp. Nr. 171: Für das kleinere Kind ist mir einer beim Magistrat zuge­sagt worden.

Vorsitzender: Was für eine Wohnung haben Sie? Expertin Nr. 171: Zimmer und Küche. Da sind Mutter, Vater und ich.

Vorsitzender: Was essen Sie? Exp. Nr. 171 : Früh habe ich meist nichts. Zu Mittag kocht die Mutter. Um 11 Uhr komme ich nach Hause und bleibe bis 1 Uhr, und Abends komme ich um Vü7 Uhr zurück. Zu Mittag esse ich den Frühstückskaffee, weil die Mutter erst Abends für den Vater kocht.

Frl. Fickert: Bekommt die Frau, für welche Sie ausgeholfen haben, ihren Lohn fort? Exp. Nr. 171: Die hat nicht mehr kommen wollen. Da hat aber die Unternehmerin gesagt, sie soll wieder kommen, sie wird ihr nichts abziehen. Sonst hätte sie ihr schon abgezogen.

Expertin Nr. 172: Ich bin Austrägerin bei einer Großausträgerin und trage alle möglichen Zeitungen aus. Ich habe l3 Trafiken, darunter 125 Nummern von einem Blatt allein für die Trafiken auszukragen. Au Sonntagen das Doppelte. Dann habe ich 79 Abonnenten. Ich muß täglich zweimal den Weg von der Stadt angefangen bis in einen entlegenen Vorort machen. Dafür bekomme fl. 3'75 wöchentlich. Davon habe ich auch den Hausmeister zu zahlen, weil ich schon um ^4 Uhr fortgehen muß und an Sonntagen um V 22 Uhr. Da komme ich um 10 Uhr nach Hause, unter der Woche um V 2 IO Uhr. Au Sonntagen muß ich zuerst in eine Zeitungs- Expeditiou um die Beilagen gehen. Die muß ich in eine andere Expedition tragen und sie dort einlegen. Eine Andere trägt das Hauptblatt herein, weil Eine das nicht tragen kann. Das Einlegen erfordert Arbeit, denn es gibt oft am Sonntag drei oder vier Beilagen. Dann beginne ich das Aus­kragen in der Stadt.

Vorsitzender: Das können Sie doch unmöglich Alles tragen? Exp. Nr. 172: Darum muß ich zweimal gehen. Zuerst stelle ich den näheren Trafiken zu, dann hole ich mir die anderen Blätter für die weiteren. Jeder Binkel hat etwa 25 Kilogramm. An Sonntagen trage ich drei solche hinter­einander.

Vorsitzender: Wie lange sind Sie bei diesem Geschäft? Exp. Nr. 172: Jetzt sind es zwei Jahre. Früher war ich Miedernäherin.

Vorsitzender: Warum haben Sie das aufgegeben? Expertin Nr. 172 : Weil ich es aus der Brust nicht mehr ausgehalten hätte. Ich habe schon mit 15 Jahren genäht. Ich bin dann sehr krank geworden.

Vorsitzender: Wie lange haben Sie Nachmittags zu thun? - Exp. Nr. 172: Bon 3 bis 6 Uhr. (Auf Befragen.) Ich bin ledig und stehe ganz allein. Ich bin zu Bett und zahle dafür fl. 1.

Vorsitzender: Was bekommen Sie zu Neujahr? Exp. Nr. 172 : Heuer war ich krank, da habe ich gar nichts bekommen. Die Frau hat eine Andere aufgenommen und hat gesagt, sie kann mich nicht mehr brauchen. Nach Neujahr ist die Andere weggegangen, und da hat sie mich wieder genommen.

Vorsitzender: Was bekommt man gewöhnlich? Exp. Nr. 172: Vor zwei Jahren habe ich fl. 24 bekommen.

Vorsitzender: Was essen Sie? Exp. Nr. l72: In der Volks-