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— Exp. Nr. 176: Es gibt auch ein Bureau für Modistinnen. Ich habe es noch nicht in Anspruch genommen. Auch bei der Genossenschaft ist eine Vermittlung. An diese wendet man sich aber nicht gern.
Baronin Vogelfang: Warum? — Exp. Nr. 176 : Weil die Genossenschaft nicht so unparteiisch vorgeht. Sie ziehen dort Jene, die ihnen bekannt sind, vor.
Vorsitzender: Wir vernehmen jetzt noch eine Expertin aus der Terracotta-Fabrikation und setzen dann die Vernehmung aus der Modistenbranche fort.
Expertin Nr. 177: Ich bin beider Terracotta-Fabrikation. Ich bin seit drei Jahren dabei; früher war ich in einer Siegellacksabrik. Dort habe ich das Siegellack polirt.
Vorsitzender: Was machen Sie jetzt? — Exp. Nr. 177: Ich bin beim Figuremnalen. Das ist eine schablonenmäßige Arbeit. Das wird mit der freien Hand gemacht.
Vorsitzender: Wie viel sind dort beschäftigt? — Exp. Nr. 177: In der Abtheilung neben mir sind fünf, im Ganzen sind gegen 30 Personen.
Vorsitzender: Haben Sie das ganze Jahr Arbeit? — Exp. Nr. 177: Ja, Aussetzen gibt es nicht.
Vorsitzender: Sind auch Männer dort? — Exp. Nr. 177: Ja, Maler und Thon- und Gypsgießer; im Ganzen etwa über 100.
Vorsitzender: Was machen die alle? — Exp. Nr. 177: Vasen, Figuren rc. Maschinen haben wir keine.
Vorsitzender: Aus welchen Kreisen sind die Arbeiterinnen? — Exp. Nr. 177: Aus Arbeiterkreisen.
Vorsitzender: Wie ist die Arbeitszeit? — Exp. Nr. 177: Von 7 bis 6 Uhr. Mittagspause ist eine Stunde. Frühstücks- und Jausenpause gibt es keine bestimmte Zeit. Der Wirth kommt in's Haus. Nachtarbeit kommt nicht vor, höchstens im Winter, da haben wir bis 9 Uhr gearbeitet. An Sonntagen wird in der Saison, aber nur bis Mittag, gearbeitet. Dafür wird der ganze Tag bezahlt. An Feiertagen wird bis 4 Uhr gearbeitet, aber nur in der Saison, zu Weihnachten, zur Leipziger Messe und auch im Herbst. Die Kündigung ist vierzehntägig. Arbeit nehmen wir nicht nach Hause. Die Arbeitsvermittlung geschieht durch Nachfrage. Eine Fabriksordnung haben wir. Dieselbe ist angeschlagen. Die Kündigungsfrist ist darin festgesetzt. Der Lohn ist Zeitlohn.
Vorsitzender: Was verdienen Sie in der Woche? — Expertin Nr. 177: fl. 6 bis 7. Der Obermaler hat die Arbeit im Stück. Er bekommt für eine Figur fl. 2 bis 3. Das wird dann am Samstag zusammengerechnet, und wir bekommen Jede unseren bestimmten Lohn. Ich habe sl. 6, die Anfängerinnen, die bei den minderen Arbeiten sind, haben fl. 3 bis 4. Ist dann z. B. fl. 10 Ueberschuß, so wird das percentnell ausgetheilt. Der Obermaler bekommt 50 Percent.
Vorsitzender: Wechselt der Lohn nach der Saison? — Expertin Nr. 177: Nein.
Vorsitzender: Werden die Ueberstunden nach einem bestimmten Satze bezahlt? — Exp. Nr. 177: Gerade so wie jede andere Stunde nach dem fixen Lohn.
Vorsitzender: Ist der Lohn der Männer in Ihrem Geschäft höher als der der Frauen? — Exp. Nr. 177: Nicht bei allen. Das Malen wird besser bezahlt.
Vorsitzender: Das ist, weil die Arbeit besser qnalisicirt ist? — Exp. dir. 177: Ja.
Vorsitzender: Kommt es vor, daß Sie etwas verderben? — Exp. Nr. 177: Abgezogen wird nur, wenn etwas zerschlagen wird. Wenn es eine größere Figur ist, muß man Strafe zahlen, aber nicht viel. Darüber
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