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wenn es sicher ist, daß sie nicht das Hirngespinnst einiger Phan­tasten oder schöngeistiger Frauen ist, dann wird diese Frage sicher gelöst werden müssen und die Bestrebungen cdeldenkender Frauen, zu dieser Lösung beizutragen, werden, selbst für den Augenblick fruchtlos, die späterer Zeit sicher zu Dank verpflichten.

Die französische Revolution, meine Damen, trägt ihren Namen bekanntlich nur nach der Nation Europa's, an deren Heerd sich der moderne Staatsgeist entflammte. Ganz Europa erwachte am Ende des 18. Jahrhunderts zu einem neuen Leben und eine allgemeine Revolution erschütterte, um dem neuen Geiste, der uns belebt, die Thore zu öffnen, alle Staaten der alten Erde und griff tief in das Leben aller Völker ein. Es war ganz unmöglich, daß bei dieser allgemei­nen Bewegung der Geister das weibliche Geschlecht interesse­los bleiben und unbeweglich sein konnte. Es war ganz un­möglich zumeist bei einer Nation, deren Charakter leicht er­regbar, deren Gesinnung wankend und veränderlich, deren Phantasie glühend und lebendig ist. Das französische Volk wurde von der allgemeinen Erschütterung bis in's letzte Glied getroffen und in der Zeit, in der die menschlichen Leiden­schaften zumeist die Gesetze bilden, treten bei ihm stets die Frauen in's vorderste Glied der Schlachtreihe. Leider wer­den sie gerade in solchen Zeiten der schärfste Ausdruck der Schwächen des nationalen Charakters, sind die Träger der höchsten Leidenschaften und werden zumeist der grellste Aus­druck der Ausschreitungen und der Ausschweifung.

In tiefer sittlicher Zerrüttung lag das französische Volk vor der Revolution darnieder. Armuth, wirtschaftliches Elend und Sittenlosigkeit gehen gewöhnlich Hand in Hand. Verkommener und elender aber, als alles, war das weibliche Geschlecht. Ein sittenloser Adel, ein entwürdigter Priesterstand