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Geschlecht dieses Gewerbe als ausschließlich eigen ist. Als Siegfried von Zanten nach Worms ziehen will, bittet er seine Mutter um Reisekleider, und diese geht sogleich mit ihren Frauen an die Arbeit. Krimhild schneidet mit 30 ge­schickten Frauen ihres Hofstaates reiche Stoffe zu, um dar­aus die Hochzeitsgewänder Günthers für die Brautfahrt nach Jsenland zu bereiten. Der alte Kirchenhistoriker Beda erzählt, daß lüsterne Nonnen sich damit beschäftigen, für ihre Ge­liebten reiche Gewebe zu fertigen, ein Zeichen, wie allgemein diese gewerbliche Arbeit von den Frauen geübt wurde. Das Alemanenrecht enthält eine förmliche Gesellenordnung für die Spinnerinnen und Weberinnen in den Frauenhäusern, und spricht von Obermägden, Mägden und anderen Arbeiterinnen, wie wir heute von Altgesellen, Gesellen und Lehrlingen spre­chen. Ja ganz allgemein bezeichnet Recht und Gesetz das Weib in ihrer Verwandtschaft nach ihrem wirthschaftlichen Beruf und spricht im Gegensatz zu den Schwertmagen, der männ­lichen Verwandtschaft, von den Kunkelmagen der weiblichen Verwandtschaft. Wie ausgedehnt muß der Antheil des Wei­bes an dem wirthschaftlichen Wohl des Volkes gewesen sein, wie entwickelt die gewerbliche Arbeitskraft desselben, wenn sie dem gesammten Leben ein Theilchen ihres Charakters auf­prägen konnte. Und trotz dem bestand Familienliebe und Familienzucht und die Sittlichkeit hatte im Herzen des Wei­bes keinen schlechteren Hort denn heute, wenn auch vielleicht gerade keinen bessern. Und das widerlegt jene Anfechtungen der wirthschaftlichen Emanzipation des Weibes, welche be­haupten, daß durch sie das Weib ihrem Beruf entfremdet werde, Mutter und Gattin zu sein; welche in bunten Bil­dern schon die Sittenlosigkeit und Verwilderung darstellt, die immer solchem Beginnen folgen müssen. Wahrlich! die

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