45

Masse dieser Bevölkerung zumeist in die Städte sich drängt, wo die Art und Weise des Lebens und die wirtschaftlichen Verhältnisse es nicht einmal erlauben, durch die einfachste Art ein Vermögen zu gewinnen, durch Sparen! Von seinem Ge­halte hat noch kein Familienvater ein Erbe gebildet.

Sie sehen, meine Damen, welche Dinge der Betrach­tung wichtig werden, wenn man unsere Frage nicht so oben­hin mit Redensarten oder bloß mit gutem Herzen betrachten und wenn man sie mit Nutzen beantworten will. Ja Sie werden sich sogar aufschwingen und für die Erkenntniß der Geschichte unserer Frage oder ihr Wesen, bis in die Verfassung der europäischen Staaten Ihre Blicke-wenden müssen, um eigentlich erst recht die Quellen des weiblichen Elends zu erkennen. Und sehen Sie, meine Damen, da zeigt sich Folgendes: Die politische Verfassung der Staaten bestimmt nicht nur die Würde des Mannes, sondern auch die Sitte des Weibes.

Der Regentenabsolutismus und die Herrschaft der Will­kür beherrscht ganz Europa mit voller Gewalt, von dem Ende des Mittelalters bis zur Zeit der französischen Revo­lution. Der Same dieser Herrschsucht wird schon in der zweiten Hälfte des Mittelalters gelegt, und fällt mit der genossen­schaftlichen Bildung des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens fast zusammen, also mit der Städtegründung, den Zünften u. s. w. Er findet, als er seine Lebenskraft erkennt, das weibliche Geschlecht schon vollkommen von der wirthschaftlichen Arbeit des Volkes getrennt, ja was noch mehr ist, das weibliche Geschlecht hat gar keine Erkenntniß mehr von seiner Arbeits­kraft und seinem Beruf: gleich dem Manne wirtschaftlich thätig zu sein. Die Minnesänger und der Minnedienst der Ritterzeit stehen in dieser Entwickelung thätig, und preisen