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Mittel ihm dies gelingt; wie er den Faden einzelner Personen in Vezug auf das Ganze abreißt und einwebt; wie er die Sprache benutzt, um je verschiedene bestimmte Eindrücke hervorzubringen; wie er die Zeit, in welche die Begebenheit fällt, künstlerisch zur Staffage einerseits und die Natur andererseits benutzt, und was dergleichen Kunstgriffe mehr, die man ihm ablernen kann, sein mögen. Göthe ist gewiß fern davon, diesen Mann grade allein als Muster aufzustellen, vielmehr ist er sehr tolerant und spricht es anderwärts aus, daß jede künstlerische Form gut sei, wenn man sich derselben mit Einsicht bediene und daß man in ihr Vortreffliches leisten könne; aber überall solle man beim Lesen sich nicht mit dem In­halte begnügen, sondern nach demWie" fragen, durch welche Mittel etwas erreicht sei. Er sagt weiter, daß wir dadurch freilich an Origi­nalität verlieren; aber dies wäre doch eigentlich Keiner in hohem Grade und könne es nicht mehr im vorzüglichen Sinne sein, weil die Einwir­kungen unserer Umgebung und der Vergangenheit so mächtig wären, daß man sich diesen doch nicht entziehen könne. In Bezug auf die Muster, denen wir nachstreben sollen, giebt er selbst zu, daß wir nachstreben lernen können nur von dem, was unserer ganzen Natur, unserer Art zu denken und zu empfinden gemäß sei und uns sehr anspreche, denn man lerne überall nur von dem, den man liebe; auch würden wir nur da in dem Verständniß fremder Produkte recht glücklich sein, wo gleiche Empfin­dungen den Verfasser und Leser beseelten. Uebrigens solle man seinen Geschmack und seine Einsicht nur an dem Vorzüglichsten bilden, man er­lange dadurch zugleich auch die Einsicht in das weniger Hervorragende und sei auch mehr vor den Fehlern des Geringeren bewahrt. Das Höchste werde freilich nur durch langsames Ringen erreicht; aber doch müsse man danach ringen. (Es folgen nun Sätze, die dem Dichter, dem Romanschriftsteller gelten, aus denen der Jugendschriftsteller weniger lernen kann), weiter heißt es dann:

In Bezug auf den zu bearbeitenden Gegenstand, das Sujet, meint Göthe, daß dessen Wahl nicht gleichgültig sei; aber das was es wirke, wirke es später doch durch die Form, die ihm gegeben werde; deshalb mißbilligt er es auch mit großem Aufwande von Zeit und Kräften eigene große Erfindungen machen zu wollen, da Geschichte und das Leben immer poetisch seien und, wenn man ihm nur die rechte Bedeutung in Bezug auf den Zusammenhang mit dem übrigen Leben abzugewinnen wisse, Stoff in Masse lieferten. Die Virtuosität bestehe eigentlich darin, ein einfaches