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des alterthümlichen Schlosses den Raum, worin neben dem Wein auch die für den großen Weihnachtstisch bestimmten Aepfel auf Nepositorien aufbewahrt wurden. Da es sich nun herausstellte, daß keine von uns Dreien die auf dem höchsten Bret liegenden Früchte erreichen konnte, er­klärte ich mich, als die augenscheinlich Leichteste dazu bereit, auf einen umgestürzten Korb zu steigen und sie herabzureichen. Gesagt, gethan; doch rutschte ich endlich lachend vom Korbe hinab, gegen die Kellerthür, welche dröhnend in's Schloß fiel. Unbekümmert darum setzten wir unser Geschäft fort und wollten uns, nachdem die Körbe soweit, daß wir sie noch tragen konnten, gefüllt, mit denselben entfernen, als wir entdeckten, daß die geschlossene Thür sich nicht öffnen lasse und wir somit gefangen seien. Wir jungen Mädchen nahmen die Sache von der humoristischen Seite und freuten uns, daß wir mit Licht und Proviant in Gestalt von Wein und Aepseln gut versehen seien, während die Hausfrau von vorn­herein sich in Klagen über die gerade heut unersetzliche Zeit ergoß; indeß machten wir alle Drei die größten Anstrengungen durch Rufen und Pochen uns irgend einem der vielen Mitglieder des Hauses bemerkbar zu machen. Viertelstunde auf Viertelstunde verging indeß; das Gewölbe widerhallte von unserem Rufen, durch die Spalten der Thür sahen wir in der Ferne Schalten vorüberhuschen, es waren die der auf der Straße eilig Dahingehenden, bis auch dies bei eintretender Dunkelheit aufhörte. Auch wir waren stiller geworden und sannen darüber nach, wann endlich man uns vermissen und auf den Gedanken uns im Keller zu suchen, kommen könne. Mit welcher Freude begrüßten wir zuletzt, nach mehreren Stunden, den von fern schon hallenden Tritt des Hausherrn, der, als er gegen fünf Uhr zurückgekehrt, nichts bereitet gefunden und vergebens seine Frau gesucht hatte. All seine Nachfragen waren erfolglos geblieben, bis endlich die Köchin sich entsann, uns'Tragkörbe gegeben zu haben, woraus er dann den richtigen Schluß gezogen, daß uns irgend ein Vorfall im Keller zurückgehalten habe und er zu unserer Befreiung hinabeilte. Nun ging freilich Alles Hals über Kopf und wenn auch ein paar Stunden später als sonst, aber wie aus der Erde gezaubert stand bald die ge­schmückte Weihnachtstafel da und die große Hausgenossenschaft umsprang, umjubelte, umging und umstand sie, ein Jedes nach seinem Alter und den Gefühlen, die dabei in ihm rege wurden. Wer kennt nicht den Zauber des Weihnachtsbaumes, die Wehmuth, das Glück und den Frie­den, die seine Zweige durchsäuseln! Längst vergessenes Leid, die ganze