11

Kindheit und Jugend mit ihrem unendlichen Glück und unendlichen Weh durchzittert auf's Neue die Seele und doch blickt das feuchte Auge so glücklich, denn:es ist heute der Heiland geboren", der Friedefürst! Durch ihn wird auch in uns Harmonie und harmonisch der Verkehr unter dem Weihnachtsbaum mit Allen, die ihn mit uns zugleich umringen.

Nachdem der erste Freudenrausch der Kinder vorüber war, kam es Zur Erörterung der Frage, warum es so außergewöhnlich spät geworden, unser Abenteuer erregte allgemeine Theilnahme und veranlaßte den Haus­herrn, einen von ihm selbst verlebten Weihnachtsabend uns, auf unsere Bitte, folgendermaßen zu schildern.

Ich stand, erzählte er, etwa in meinem achtzehnten Lebensjahre, war frisch und gesund und wohlgemuther Gymnasiast in Lübben, meiner Vaterstadt. Da meine Eltern früh gestorben waren, so leiteten meine Großeltern meine Erziehung und ließen es dabei niemals an Liebe fehlen, die ich ihnen auch auf jede Weise zu erwidern suchte. So kam es auch, daß ich, als mir einst am Heiligabend der Nachmittag lang wurde, beschloß, nach Lübbenau zu eilen, um der Großmama frische Bretzeln, die dort Nachmittags gebacken wurden und die sie zum Thee sehr liebte, herüber Zu holen. Es war ein klarer, frischer WinLertag und vortreffliche Eis­bahn, die ein im Spreewald Geborner noch ganz anders zu schätzen weiß, als ein anderes Landeskind. Denn kaum sind im Winter dieGroblas" oder Wassergerinnen, welche ihn nach allen Richtungen hin statt der Fahrstraßen durchkreuzen, nur nothdürftig gefroren, so bindet sich sogar auf den Dörfern Alt und Jung Eisen unter Stiefel oder Holzschuhe und läuft über das blanke Eis in die Kirche und Schule oder zu Tanz und Spiel in die Schenke oder Abends in die Spinte. Meistentheils versieht sich dann jeder Schlittschuhläufer noch mit einer langen Stange, um bei zu dünnem Eise sich im Fall des Einbrechens über dem Wasser halten zu können. Heut gebrauchte ich eine solche nicht; es fror schon seit acht Tagen und hart und glänzend von der bleichen Wintersonne beschienen, lag die schöne, vielfach gewundene Bahn vor mir. Pfeilschnell flog ich dahin, bald lag Lübben hinter mir und der entlaubte Wald nahm mich auf. Hier und da schwebte die kräftige Gestalt eines blauäugigen Wen­den oder einer Wendin in ihrem malerischen Kostüm an mir vorüber und wohlgemuth erreichte ich Lübbenau und das bekannte Haus des Bretzeln backenden Bäckers. Seine freundliche Ehehälfte entschuldigte sich vielfach, daß, da der Backofen den größten Theil des Tages zum Backen der