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traten Thränen in die Augen; Herr Willis nahm sie wieder in seine Arme. Nach einer kurzen Besprechung mit den Beamten der Station rief er nach einer Miethkutsche, setzte sich mit dem kleinen Fremdling hinein und fuhr schweigend nach seiner Wohnung. An ihn geschmiegt, schlief Jenny bald ein; schlafend ward sie aus dem Wagen gehoben.

Er trat in ein hell erleuchtetes Zimmer; eine ältliche Dame stand vom Theetisch auf und ging ihm freundlich entgegen. Vier kleine blü­hende Kinder umringten ihn, fröhlich rufend:O Papa! Papa ist wieder da!"Laßt mich nur erst meine Bürde ablegen!" entgegnete er lachend und legte sachte das schlafende Kind auf ein Sopha; verwun­dert schlichen die vier Kinder hin und betrachteten es neugierig.Wen bringst Du uns denn da?" fragte die Dame, nicht weniger verwundert. Ein neues Pflegekind für Dich, liebe Tante; Du mußt es schon gütigst annehmen!" entgegnete Herr Willis. Darauf rief er seine Kinder, zwei Söhnlein und zwei Töchterlein, zu sich und herzte sie und erzählte ihnen wahrend des Theetrinksns, wie er zu der kleinen Reisenden ge­kommen sei, die nun für's Erste ihre neue Schwester sein sollte.

Als er eben seine Erzählung geendet, schlug Jenny ihre Augen auf. O Marianne, ich bin so durstig!" rief sie; als sie aber die vielen fremden Gesichter sah, fing sie an zu weinen. Herr Willis brachte ihr selbst eine Tasse Milch und beruhigte sie:Das ist eine gute, liebe Tante," sprach er auf Fräulein Lida zeigend;die wird meine Jenny lieb haben, und sie nun zu Bette bringen."

Die Kleine ward hinaufgetragen und halb schlafend ausgezogen; als sie aber schon im Bettchen lag, richtete sie sich plötzlich auf die Knie und betete:Lieber Vater im Himmel! laß mich ein gutes Kind sein! Lieber Vater im Himmel, laß Papa nicht in's große Meer fallen!" Die Tante Lida küßte sie mit tiefer Rührung und die müde kleine Reisende schlief sofort wieder ein.

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Am folgenden Tage wurden genaue Anzeigen gemacht in verschiedenen Zeitungen, betreffend die Ankunft eines fremden, kleinen Mädchens, deren Anverwandte nicht eingetroffen seien sie in Empfang zu nehmen. Sie ward beschrieben als klein und zart, hübsch und blühend, in einem blauen Kleidchen und schwarzen Tuchjäckchen mit grauem Filzhut und einer Schnur kleiner Korallen um den Hals; sie nenne sich selbst Jenny Randon und sei ohngefähr vier Jahre alt.

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