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schützte er nach Meinung der Alten das Haus vor dem Blitzstrahl, die Bewohner desselben vor Krankheit. Er brachte Gesundheit und Heil und wer unter ihm stand, mußte einen Kuß bekommen. Noch heutzutage hängt man in England als Weihnachtsscherz den Mistelzweig im Zimmer auf und nimmt ihn als Veranlassung zu allerlei Scherz. In der Nähe Londons und anderer größerer Städte ist in Folge der starken Nachfrage die Mistel ziemlich ausgerottet worden. Aus der Grafschaft Herfordshire, wo sie noch häufig vorkommt, bringt man zu Weihnachten jährlich gegen 2000 Centner in den Handel, die einem Marktwert!) von 34000 Thlrn. entsprechen.

Der Epheu (Ueäera. üklix, Fig. 1) ist unsern Leserinnen ein so lieber alter Bekannter, daß wir nur auf eine seiner Eigenthümlichkeiten aufmerksam machen wollen. Sobald er sich nämlich anschickt Blüthen zu bilden, was nur bei alten Stämmen vorkommt, entwickelt er Zweige mit ganz abweichend gestalteten Blättern. Die gewöhnlichen Blätter sind bekanntlich drei- oder fünflappig zertheilt, jene an den Blüthenzweigen dagegen bleiben einfach länglich und ähneln mehr den Blättern des Birn­baums, entfernter selbst jenen des Lorbeer. Die Blüthen bilden gelblich­grüne, unansehnliche Dolden und zeigen in ihren Theilen die Fünfzahl. Aus ihnen entwickeln sich schwarzgrüne Beeren, welche den Winter über­dauern.

Zu den Fruchtzweigen unsers Weihnachtssträußchens können wir auch noch eine Blume gesellen: die Weihnachtsrose oder Winterrose, auch Christwurz und von den Botanikernschwarze Nieswurz" (UeU^üorus nigsr, Fig. 4) benannt. Sie ist vorzugsweise berühmt durch die unge­wöhnliche Zeit, in welcher sie blüht, Weihnachten bis März, mit­unter öffnet sie jedoch ihre Blumen auch im Hochsommer. Ursprünglich in Oberitalien und Süddeutschland einheimisch, findet man sie bei uns nicht selten in den Gärten angebaut.

Die Blätter dieses ausdauernden Krautes (auf dem Bilde nicht dar­gestellt) sind handförmig fünf- bis siebentheilig, und etwas lederig. Die weißen Blätter der thalergroßen Blüthen werden von den Pflanzenforschern als Kelchblätter bezeichnet, während die innerhalb derselben stehenden Blumenblätter unansehnlich sind und kleine goldgelbe, zweilippige Röhren darstellen. Die Staubgefäße find zu vielen vorhanden und aus den drei bis zehn Stempeln in der Mitte der Blüthe bilden sich lederige Balgkapseln.