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schwarzen und kleinen Weichsel, die an und nahe dem hohen, großen Barania in den Beskiden, einem Theile der mährischen Sudeten, ent­springen. Die vereinigte Weichsel fließt von dort nach Krakau, dann auf der Grenze zwischen Galizien und Polen bis zur Einmündung des Sän. Von da ab wendet sie sich vollständig auf polnisches Gebiet. Zwei Meilen oberhalb Thorn tritt sie als ein 2850 Fuß breiter Fluß in Preußen ein und theilt sich, nachdem sie ein Gebiet von einigen zwanzig Meilen durchströmt hat, zwei Meilen oberhalb der einstigen Ordensveste, jetzigen Stadt Marienburg, in zwei Arme, die Nogat und Weichsel. Erstere mündet in's frische Haff, die letztere dagegen theilt sich bei dem so­genannten Danziger Haupt in der Nähe des Dorfes Käsemark abermals in zwei Arme, die alte und neue Weichsel, deren ersterer sich ins frische Haff, der zweite sich bei der Festung Weichselmünde in die Ostsee ergießt.

Die Weichsel und ihre Arme sind im Frühjahr, wenn das Eis auf­geht und furchtbare Schollen treibt, äußerst reißend; namentlich ist es die Nogat bei Marienburg, die Weichsel bei Thorn, Schwetz, Graudenz, Mewe und Dirschau.

Um nun die an den Fluß angrenzenden Landstriche, Niederungen oder Werder genannt, vor den Verwüstungen durch das Hochwasser und Eis des Stromes zu schützen, wurden schon zu der Zeit, als der deutsche Orden noch in Preußen herrschte, zu beiden Seiten des Flusses hohe, starke Erdwälle oder Dämme aufgeschüttet, die auch jetzt noch alljährlich, wo sie beschädigt sind, ausgebessert und wiederhergestellt werden. Die Werder sind sehr tief liegende, weit ausgedehnte, dicht neben der Weichsel und Nogat hinlaufende Ländereien, die ihres ausgezeichnet fruchtbaren Bodens wegen von einer sehr dichten Bevölkerung, meistens wohlhabenden Leuten, bewohnt werden.

In jedem Frühjahr jedoch, wenn durch das Schmelzen des Schnee's, durch den öfter niederfallenden Regen die Gewässer anschwellen und das Eis auf den Strömen bricht, sind. die Bewohner dieser Niederungen der Gefahr einer Ueberschwemmung ausgesetzt und es müssen daher in dieser Jahreszeit jedesmal die entschiedensten und großartigsten Vorbereitungen getroffen werden, um einem solchen Unglücke vorzubeugen.

In den meisten Fällen gelingt es; dennoch kommen Jahre vor, in denen nichts, selbst nicht die riesigen Dämme, der Gewalt des Stromes und der Macht der furchtbaren Eisschollen widerstehen können.

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