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erfahren. Die Veroneser weigerten dem Kaiser den Uebergang über die Etschbrücke ihrer Stadt und bauten dafür oberhalb eine Schiffbrücke, jedoch möglichst unsicher. Da nun Friedrich mit den Seinen hinüberzog, ließen die Veroneser den Strom herab Balken und Flöße schwimmen, welche die Brücke zersprengten, und nur der Raschheit des Ueberganges dankten die Deutschen ihre Rettung. Wenig nördlich von der Stadt lag die Veroneser Klause, eine Stelle, wo der schmale Heerweg zwischen der brausenden Etsch und steil aufsteigenden Felswänden hinführte; oben aus dem Fels lag eine veronesische Burg, und die Mannschaft unter Führung eines Ritters Alberich weigerte dem Kaiser den Durchzug; die Wegelagerer schleuderten Geschosse hinab, ließen Felsblöcke in die Tiefe Hinabrollen und verlangten für die Gewährung des Durchzuges vom Kaiser eine bedeutende Summe Geldes, von jedem seiner Ritter ein Pferd oder einen Panzer, eine Demüthigung, zu welcher sich Friedrich nicht bequemen konnte; ein Weg aber auf dem anderen Etschufer war nicht vorhanden, auch wenn man den Strom hätte überschreiten können. Also galt es die Burg zu erstürmen.

Auf seine unüberwindliche Stellung trotzend, hatte Alberich eine Felsspitze nicht besetzt, welche sich über der Burg steilrecht erhob; gelang es den Deutschen dieselbe zu erklimmen, so war die Burg unhaltbar und der Weg dem Heere geöffnet. Und es gelang. An der Spitze von zwei­hundert auserwählten Kriegern brachen Heinrich von Sachsen und Otto von Wittelsbach auf, um von zwei Veronesern geführt, die Höhe des Felsens zu ersteigen. Aus mühseligen Pfaden, durch Schluchten und über Abgründe hin gelangte die kühne Schaar glücklich auf die Höhe des Ge­birges, den Fuß der die Burg überragenden Bergspitze. Hier aber be­gannen erst die größten Schwierigkeiten; da der Fels fast senkrecht abfiel, so mußten die Krieger einander auf die Schultern steigen, und so unter der Last des schweren Panzers beschwerlich in die Höhe klettern; sie ver­banden die langen Speere zu einer Art von Leiter und erklommen so den letzten Absatz. Endlich war die schwindelnde Höhe erreicht und Otto von Wittelsbach entfaltete hoch über der Burg des Reiches Fahne; mit Schrecken sahen die Veroneser, daß sie nun beherrscht waren, wie sie vorher des Kaisers Heer beherrscht hatten. Otto mit den Seinen erstürmten alsbald von oben herab die Burg; fast die ganze Besatzung ward nieder­gemacht, Alberich und zwölf Genossen lebend als Gefangene vor den Kaiser geführt. Vergebens boten sie reiches Lösegeld; Friedrich ließ die