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Ihren Eltern, den einfachen Köhlersleuten, war Elfe ein Räthsel ge­wesen, einMärchenkind" sagten sie zuweilen und lächelten dazu. Daß dies holde Waldmädchen weder in phantastischen Gebilden schwärmend, noch im prosaischen Alltagsleben unterging, war Schwester Johanna's Verdienst, drei Jahre pflegte diese das sinnige innere Leben des Kindes mit großer Liebe. Sie sah in den Kindern geheiligte, ja durch das Wort des Herrn geheiligte Wesen. Er hat gesagt:Lasset die Kleinen zu mir kommen, ihnen gehört das Himmelreich." Schwester Johanna führte das Waldkind dem Herrn entgegen, das Himmelreich mußte unter solcher Pflege aufgehen im Kindesherzen, und es ging auf, wie ein Samenkorn trieb es seine Keime und Wurzeln. Die Schule und der Unterricht in späteren Jahren hatten ja nur zu begießen, was im Verborgenen bereits lieblich in Else's Seele emporwuchs und sich ausbreitete.

Im Hause des Pflegevaters hatte Else tüchtig arbeiten gelernt, sie war ein einfaches Bauermädchen, das überall zugriff, wo es für sie zu thun gab; nicht von fern kam ihr der Gedanke, daß müßiggehen, in Wald und Feld herumschwärmen, behaglicher sein könne, als vom frühen Morgen an die Kuh und den Kuhstall, das Schwein und die Gänse zu versorgen, im Hause herum zu wirthschaften und der wilden Pflegebrüder errissene Kleider zu flicken. Bei der Arbeit aber war ihre Phantasie thätig in ihrer Weise, da malte sie das tägliche Leben, welches wohl Manchem trübe erscheint, mit ihren heiteren Farben aus, sie sah dann überall rosiges Licht und sie trug überall Liebe hin. Die Hausthiere pflegte sie nicht blos, weil sie sollte,.sondern weil sie auch wollte, sie ver­säumte nichts in kindischem Leichtsinn, denn sie liebte und die Liebe gestattet nicht leicht Versäumniß. Die Thiere gediehen unter Else's Pflege. Auch des Maurers Gärtchen prangte üppig. Hier seufzten die Gemüsepflänzchen niemals nach Regen, denn sprengte nicht die Wolke die Erquickung herab, dann kam sie aus Else's Gießkanne. Else liebte ja auch die Pflanzen und beobachtete sie täglich in ihrem Wachsthum; sie pflegte sie aber auch nicht blos weil sie sollte, sondern auch weil sie wollte.

Schwester Johanna's Liebchen und Sprüche und Verse lebten fort in Else's Gedächtniß, sie hatte später Manches in der Schule dazu gelernt, für die reiferen Jahre passend; aber aus der Spielschule der Schwester Johanna strahlten in der Erinnerung die lieblichsten Gedankenbilder in die spätere Zeit hinüber. Während Else in des Maurers Familie lebte, bekam sie zuweilen ein Buch zum Lesen, denn Brauers Lina hatte eine