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reiche Pathe, die ihr von ihren Kindern zuweilen Spielzeug, später Bücher schenkte. Lina borgte Else ihre Bücher, denn wenn Else Zeit hatte, las sie gern. Da waren manche Geschichten, die das Waldkind an ihren Wald erinnerten und Bäume und Vögel, Gräser und Insekten dargestellt zeigten, es waren dies naturgeschichtliche Bilder. Lina bekam einmal sogar ein ganzes Naturgeschichtsbuch mit vielen Bildern, dies Buch gefiel Else ungemein, es war Schilling's Naturgeschichte und sie hätte es gern ganz sür sich behalten; Brauers Lina aber gab es nicht her. Indessen, da die Frau des Brauers Else's Freude an dem Buche sah, sagte sie:Else, Du kannst Dir das Buch verdienen, komme alle Abend zu Lina und lehre sie besser lesen und rechnen, der Schullehrer zankt immer über das Mäd­chen; Dich aber lobt er; wenn Lina von Dir gelernt hat, was sie soll, dann mag sie Dir das Buch schenken." Else wollte sich gern-das Buch mit den Waldbildern, zu denen auch gleich Belehrung gegeben war, erwerben und es wurde ihr nicht schwer ihre freien Abende zu opfern und nach einiger Zeit war sie im Besitze des Schatzes. Aber diese Natur­geschichte blieb nicht ihr einziges Lesebuch. Brauers Lina hatte eine Sammlung Märchen: Rothkäppchen, Schneewittchen, Aschenputtel, die sieben Raben und andere, dies Buch schien Else auch gar herrlich und Lina gab es für einen Krug Erdbeeren, den Else im Walde für sie pflückte.Aller guten Dinge sind drei," sagte der Maurer zuweilen und Else dachte:Das ist ein wahres Wort, ich habe auch drei gute Dinge, nämlich drei Bücher;" das dritte Buch aber war ihre Bibel, die sie zur Schule und zum Confirmationsunterricht gebraucht hatte.

Als Else in den Dienst auf das Schloß kam zur jungen Frau Gräfin, da nahm sie ihren Leseschatz mit und es gab manche freie Viertel­stunde, in der sie vor ihrem Kasten saß und den Schatz hervorholte und darin blättern oder hin und her ein paar Seiten lesen konnte.

So stand es mit Else um die Zeit, da die Zwillinge im Schloß geboren wurden, Martha und Maria wurden diese getauft. Else wand die Kränze um den Altar zur Taufe und Else pflanzte am Tauftage zwei Epheureiser für die Zwillinge in einen Blumentopf. Eine gebildete Kinderfrau übernahm die Kinderpflege, aber Else war da zur Bedienung der Frau und es war ihr jede Dienstleistung eine Freude, wenn sie nur dabei in der Nähe der Zwillinge zu thun bekam. Die junge Gräfin, welche Else lieb hatte von der eigenen Kinderzeit her, bemerkte mit Herzens­freude die Neigung dieses Bauermädchens zu den zwei kleinen Wesen, die