Else's reifes Nachdenken, in ihrem jugendlichen Alter von fünfzehn und sechszehn Jahren, war wohl merkwürdig, um so merkwürdiger, da sie nur ein einfaches Bauermädchen war, ohne jene höhere Schulbildung, die den Geist schärft und zum ernsten Nachdenken anleitet; aber freilich sie hatte drei Jahre hindurch die Herzenspflege einer liebreichen, frommen Kleinkinderlehrerin genossen. Damals hatten die guten Samenkörner in Else's Gemüth Wurzel gefaßt. Wo Wurzeln sind, da treiben sie immer und immer wieder Keime; aus den Gedanken, die sie als kleines Kind auswendig gelernt, bildeten sich später in ihr neue Gedanken. Unkraut wuchert auch, wo es Wurzel gefaßt hat, aber in Else's Herz war guter Same aus dem Worte Gottes ausgesäet worden.

Die junge Gräfin, welche Else von der Kindheit her kannte, hatte einmal gesagt:Ohne Unkraut ist Else's Herz nicht; aber ich glaube, sie wird die Keime des Guten, die aufgegangen sind, stets mit dem Wasser des Lebens begießen, das ja auch aus dem Worte Gottes fließt, und da werden reiche Früchte gedeihen."

Die junge Gräfin hatte Else richtig erkannt.

Wie hätte auch Else ohne Fehler sein können? Niemand wird meinen, daß Else ein Engel war. Sie hatte manchen Fehler, war zuweilen un­ordentlich und vergeßlich, zuweilen sogar ungehorsam und gab auch unartige Antworten; aber es lag kein Trotz in ihr und wenn sie sich vergangen hatte, fühlte sie ihre Schuld und das getrübte Gewissen trieb sie stets bald zur Besinnung.

Die Kinderfrau war eine recht vernünftige, erfahrene Person und beachtete die ihr anvertrauten kleinen Mädchen recht gewissenhaft, sie war wie ein Uhrwerk in ihrer Pflege, alles ging nach der Stunde, nach Maß und Gewicht und das that den Kindern gute Dienste. Um die geistige Pflege kümmerte sich die Alte nicht, da hatte Else freies Spiel. Stunden­lang war Else mit den Kindern allein, wenn die Kinderfrau ihre lange Mittagsruhe hielt, oder Besuch hatte oder Besuche machte; sie hatte Verkehr mit allen Honoratioren des Dorfes, mit der Försterfamilie, mit dem Jnspector der Brauerei, dem Dorfschullehrer u. A., Else aber war immer zu Hause und war der Kinder Liebling.

Der Graf war viel abwesend, theils in der Nachbarschaft, theils auf Reisen, er hatte seine kleinen Mädchen lieb, aber er wußte nicht viel mit ihnen anzufangen; er freute sich, wenn er sie mit Else jauchzen hörte und freute sich, daß sie gut versorgt waren, auch unter guter Aussicht, und daß