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Elfe es verstand mit ihnen zu spielen und sie vor Thränen zu hüten. Else war selbst ein fröhliches Kind und sang und lachte munter, denn das Spiel mit den kleinen Mädchen war ihr selbst ein Vergnügen, sie spielte und beschäftigte sich fröhlich zur eigenen Lust eben so sehr wie zu der der Kinder.

So' lange Maria und Martha klein waren, hatten sie eine gemein­schaftliche Wiege, und wenn sie wach waren, lagen sie gemeinschaftlich auf der verstorbenen Mama Ruhestuhl, und als sie aufrecht sitzen konnten, saßen sie miteinander auf einem Teppich im Kinderzimmer. Die Zwil­linge wurden ganz behandelt, als gehörten sie zusammen, als seien sie Eins. Else hätte ihnen am liebsten auch ein Kleid gemeinschaftlich an­gezogen; aber das ging nun nicht, es mußte jedes kleine Mädchen ihren besonderen Anzug haben, wenn auch auf's Haar einander ähnlich. Else lehrte die Kinder beten, als sie noch in der Wiege lagen. Davon ver­standen freilich die Kinder noch nichts, sie konnten nicht reden, auch noch nicht nachdenken; aber was die Kleinen nicht thun konnten, das that Else für sie. Wenn die Zwillinge fest aneinander geschmiegt da lagen, nahm Else oft ihre kleinen Händchen und fügte die unbeholfenen Fingerchen zusammen, Martha's rechte Hand und Mariechens linke Hand mußten sich ineinander falten und umgekehrt Mariechens rechte Hand und Martha's linke Hand, die kleinen Fingerchen ließen sich's wohl gefallen, dann legte Else ihre eigenen Hände darüber und sprach im Namen der Kleinen: Lieber Gott, laß uns auf Erden gute, fromme Kinder werden!" Ost sagte sie ihnen auch:Freuet Euch, Ihr habt Engel bei Euch und es steht in der Bibel, Eure Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht Eures Vaters im Himmel!"

Wenn der Augenblick kam, wo Maria und Martha eine Ahnung in ihren erwachenden Herzen empfanden von der Heiligkeit eines Ge­betes, das konnte Niemand wissen. Es war ja auch nicht nöthig, daß ein beobachtender Mensch es genau erfuhr, Gott wußte es, das war die Hauptsache. Else that etwas Großes an den zwei mutterlosen Waisen, sie pflanzte frühzeitig tief in ihr Inneres die Empfindung des Daseins Gottes, seiner Allgegenwart.Gott sieht's!" oder:Das Christkind sieht's!" sagte Else bei jeder Gelegenheit, und da sie selbst so gewiß wußte, daß es so sei, da nahm ihre Stimme bei solcher Rede eine so eindringliche Sicherheit an, daß die Kinder auch einen Widerhall in sich empfanden und das Bewußtsein empfingen, erst unklar, dann Heller und Heller, von