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Elfe konnte derartige Betrachtungen natürlich nicht den kleinen Kindern an's Herz legen, sie hätten ja nichts davon verstanden; aber jeder erwachsene Mensch hat ja tiefere Gedanken als ein Kind und benutzt seine Gedanken doch zur Bildung des Kindes. Elfe konnte indessen mit ihren gesammelten Kenntnissen auch anderen Menschen nützlich werden, z. B. ihren Pflegebrüdern, den Söhnen des Maurers und anderen Bekannten, und namentlich auch Kindern im Dorfe, die schon reifer waren, als die kleinen Zwillinge.

Elfe war nicht so an das Schloß und an die kleinen Töchter des Grafen gebunden, daß sie nicht noch Zeit gehabt hätte mit des Maurers Familie, in der sie so viele Jahre gelebt hatte, zu verkehren, sie fuhr auch oft mit dem Kinderwagen, in dem Maria und Martha saßen, spazieren, und nicht blos im Garten herum, sondern im Dorfe. Die Kinder hatten Freude, wenn sie andere Kinder sahen, und der Graf mochte es ganz gern, wenn die Bauersleute die kleinen Mägdlein vom Schlosse kennen lernten. Auf die Art lebte Elfe mit den Dorfbewohnern fort und sie hatte auch auf diese einen recht großen Einfluß.Da kommt Maurers Elfe mit den Grafzwillingen," hieß es, wenn der Kinderwagen sichtbar wurde, und die alten Leute und Elfe begrüßten sich von Weitem und die Kinder liefen herbei und bildeten gewöhnlich die Eskorte der Grafzwillinge, so lange sie durch das Dorf fuhren.Grafzwillinge" nannten die Bauersleute die Kinder vom Schloß und freuten sich, wenn sie diese erblickten, und der Dorfjugend war es ein Schauspiel, denn die kleinen allerliebsten Mädchen waren immer blüthenweiß angezogen und mit bunten Schleifchen geschmückt und sahen immer vergnügt aus und jauchzten bei'm Anblick Ihresgleichen und nickten hundert Mal mit dem Köpfchen, um zu grüßen, und freuten sich über alle Geschenke, die sie erhielten. Geschenke erhielten sie aller­dings: ein Kind brachte ein buntes Steinchen, das im Wege lag, das andere ein Gänseblümchen oder eine Kleeblüthe, das dritte ein Federchen, welches ein Vogel verloren hatte. Elfe sorgte dagegen auch, daß die Grafzwillinge Geschenke mit in's Dorf nahmen, z. B. einen Zwieback, der in Stücke zerbrochen und vertheilt wurde, oder ein Körbchen mit Kirschen, oder kleine Bildchen aus Bilderbogen ausgeschnitten. Die Grafenkinder und Dorfkinder standen nicht wie zwei Partheien neben einander, sondern sie lebten mit einander und für einander. Als Maria und Martha schon ihre Beinchen gut gebrauchen konnten, da durften sie sogar manchmal mit den kleinen Dorfkindern spielen, das erlaubte der Graf, sie tanzten