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Kindergärten und Kleinkinderschulen, ließ sich die Baukasten schicken und die feinen Stäbchen und Vorzeichnungen, nach denen die Stäbchen gelegt wurden, Elfe kannte die Sachen aus Schwester Johanna's Schule her. Neue Bücher aber gab der Graf nur zwei in Else's Hand und zwar waren dies solche, die nur den Anhang, eine Verschönerung und Erwei­terung der vorhandenen bildeten. Es war erstens die herrliche Vilder- bibel von Schnorr und ein mit vielen schönen Holzschnitten ausgestattetes Märchenbuch, das auch die Geschichten von Nothkäppchen, Aschenputtel und Schneewittchen enthielt, welche Maria und Martha so gern hatten. Das Märchenbuch* war dem Grafen von einem Buchhändler zur Ansicht zugeschickt worden und es gefiel ihm sehr wohl, es war eine neue Samm­lung der bekannten Volksmärchen, aber mit mehr Rücksicht auf die Be­dürfnisse der kleinen Leser veranstaltet, als dies sonst gewöhnlich der Fall ist; alle Grauen erregenden Geschichten waren ausgelassen, welche sorgsame Mütter ihren Kindern nicht gern in die Hände geben, und den deutschen Märchen, welche die Brüder Grimm herausgegeben, waren auch gar hübsche Geschichten anderer Nationen beigefügt, z. B. von Andersen: die lieblichen Geschichten vom grauen Entlein und vom Engel, die Jedermann so gern liest, Jung und Alt. Das Buch hatte reizende Illustrationen, war überhaupt sehr schön ausgestattet, der Graf selbst sah es mit großem Vergnügen durch. Als er es zuerst selbst seinen kleinen Mädchen zeigte, da war des Jubelns kein Aufhören und Nothkäppchen? Nun, das Roth- käppchen, das eben aus der Großmutter Bett steigt, das sah wahrhaftig den Zwillingen ähnlich und Maria rief zu ihrer kleinen Schwester ge­wendet:Ach, Martha'chen, das bist Du!" und Martha erwiderte:Nein, Manschen, Du bist's!" Das machte dem Papa viel Spaß. Eigentlich hatte der Graf Märchen für Kinder nicht gerade gern, denn er meinte, das Leben müsse nicht mit Phantastereien angefüllt werden; aber er sprach mit einer würdigen Frau, die sich Jahre lang mit Erziehung beschäftigt hatte und sie sagte ihm: man dürfe den Kindern die reizende Märchen­poesie nicht ganz entziehen, sie trage zum Kinderglück bei und könne keinen nachtheiligen Einfluß auf das Leben haben, man müsse aber nur bei den guten, unnachahmlichen, klassischen Märchen bleiben und die Kinder nicht mit allen neuen Zaubergeschichten überfüttern.

* Märchenbuch von A. Godin, mit 124 Holzschnitten und einem Titelbilde nach Originalzeichnungen von L. Venus. (Verlag von C. Flemming. Glogau.)