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Elfe freute sich mit den kleinen Mädchen wie ein Kind über das wundervolle Märchenbuch, aber sie blieb bei den bereits erzählten Ge­schichten stehen, oder fügte doch nur wenige hinzu, denn der Graf sagte: Kleine Kinder sind noch nicht fähig alles in dem Buche Mitgetheilte richtig aufzufassen." Besonders theuer aber waren Else die Schnorr'schen Bibel­bilder. Alle zwei Tage durfte sie ein neues mit den beiden Kindern ansehen und den Text, der dazu gehört, für sich lesen und dann erklären. Der Graf dachte auch: Es ist ganz gut, daß Else mit den Kleinen die biblischen Geschichten durchgeht, und ganz gut ist's auch, daß sie nebenher Natur­geschichte vornimmt, die beiden Lehrgegenstände passen schon für meine kleinen Mädchen und geben einen guten Doppelweg zur Entwickelung christlicher Begriffe; denn durch Betrachtung der Natur lernen sie des Schöpfers Allmacht, Weisheit, Liebe und Treue kennen und das giebt eine gute Grundlage für das, was die Offenbarung bringt. Die Natur ist eine unerschöpfliche Quelle auch später bei vorgerücktem Alter zur Erkenntniß Gottes, wenn man sich gewöhnt überall Gott zu sehen, nicht blos als den allmächtigen Schöpfer, sondern als den liebreichen Erhalter und Regieren An so betrachtete Naturgeschichte knüpft sich leicht die Erlösungsgeschichte, die von der Liebe des himmlischen Vaters ausging und von der Liebe des Heilands durchgeführt wurde.

So sehr Else sich freute über ihre Märchen, so war sie doch nicht ganz einverstanden mit Allem was sie verkündeten. Die bösen Stiefmütter waren Else ein Anstoß, sie sagte:Es giebt wohl auch böse Stiefmütter, aber das sind dann überhaupt böse Menschen; eine Frau, die gutherzig ist, wird doch auch die Kinder ihres Mannes gut behandeln." Else hatte gehört, daß der Graf sich vielleicht wieder vermählen würde und da dachte sie:Die Märchen machen den Kindern vor der Stiefmutter bange, das darf nicht sein!" und da erzählte sie ihnen auch Geschichten von guten Stiefmüttern und sagte, daß nur die Märchen sich erlaubten Lügen zu erzählen, wie ja überhaupt das Märchen eine ausgedachte Geschichte sei.

Else hatte recht gethan, denn eines Tages kam der Graf von einer Reise zurück und sagte zu seinen kleinen Töchtern, er werde nun bald mit ihnen in eine große Stadt ziehen, dort sollten sie eine französische Gouver­nante bekommen und auch eine liebe Mama, welche die Freundin ihrer verstorbenen Mutter gewesen sei.

Die Kinder waren sehr erstaunt über diese Nachricht; aber Mans­chen sagte gleich:Papachen, die liebe Mama wird dann eine Mama