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sein wie die aus Else's Geschichten, nicht wie Aschenputtels böse Stief­mutter."

Als Elfe erfuhr, welche Veränderung eintreten sollte, mußte sie den Kindern ein heiteres Gesicht zeigen, denn des Vaters Einrichtungen durften nicht einen Tadel in der Kinder Herzen aufkommen lassen; aber Elfe war tief betrübt, denn nun wußte sie, daß sie fortan überflüssig sei im Schlosse und daß die französische Gouvernante keine Schwester Johanna brauchen würde.

Elfe ging hinaus, hin wo sie Niemand sah und weinte bittere Thränen.

Sieben Jahre hatte sie als einzige geistige Pflegerin neben den ge­liebten Waisen der Gräfin Gertrud gestanden, es hatte sich alles so nach und nach gefügt, dem schlichten Bauermädchen waren hohe Rechte ein­geräumt worden und es ging so, ohne daß Elfe ein Stein des Anstoßes war, nicht für die alte Kinderfrau, nicht für die Kammerjungfer der kleinen Comtessen. Es ging so, weil Elfe viel war, aber wenig scheinen wollte, nicht aus Klugheit hielt sie sich bescheiden zurück, sondern aus Demuth und Liebe; sie dachte in der Demuth nicht, daß sie eine Bedeutung habe und lebte Jedem zu Liebe.

Elfe hatte ja immer gestrebt ein Kind Gottes zu werden und eine Rebe am Weinstock zu sein, sie hörte nicht auf zu streben und im Streben wächst die Demuth, wächst die Liebe.

Elfe war ein außergewöhnliches, besonders begabtes Bauermädchen; aber zur Entfaltung ihrer Gaben hatte Schwester Johanna die Haupt­sache gethan. Drei Jahre in der Kleinkinderschule hatten Else's Herzens­grund gebaut und ihren Neigungen die Richtung gegeben. Das wollen wir uns immer wiederholen. Ohne diese Schule, ohne die Schwester Johanna, was wäre Elfe geworden?

Wird Elfe mit uns in die Stadt ziehen?" fragten die Kinder. Der Graf sagte:Elfe bleibt lieber im Dorf, es würde ihr in der Stadt nicht gefallen." Der Graf wußte wohl, daß jetzt Elfe ihre bisherigen Rechte abtreten müsse, und er dachte ein Rückschritt würde für sie zu schwer sein, er wollte sie und die künftige Erzieherin nicht in schiefe Stellung führen. Auch Elfe fühlte Aehnliches und es war nicht die Rede davon, daß sie die Kinder begleiten solle. Die alte Kinderfrau war zur Begleitung aus- ersehen und auch deren Jungfer; Elfe konnte im Schloß bleiben als Dienerin, konnte zu ihrem Pflegevater zurückkehren oder auch des Gärt­ners Frau werden, sie war frei.

Ja, Elfe war frei, sie konnte thun und lassen was sie wollte.