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schwerlich ein solches Sommervergnügen als Belohnung nach sich gezogen haben könnte, sie wäreja man blos so für den ersten Anfang im All­gemeinen ziemlich genügend." Und Julie? Die machte sich um ihre Censur wenig Kopfzerbrechen; die Hauptsache war, daß man fuhr, und das würde ja auch ohne Censur geschehen sein. Und das Dickerchen, das war eben noch ein kleiner, dummer Junge, der in Ermangelung anderer Ta­lente, die alle noch in seinem kleinen Kopfe unentwickelt schlummerten, vorläufig bei jeder Gelegenheit seinen außerordentlich guten Appetit zur öffentlichen Kenntniß brachte, wie er ja erst heute Morgen wieder zum Schrecken seiner Mutter bewiesen hatte.

Sonst aber konnten die Eltern mit ihren Kindern sehr wohl zufrieden sein. Das mangelhafte Sprachtalent seines Aeltesten schrieb Herr Pfeifer unter vier Augen einem Erbfehler zu; er konnte sich auch nicht rühmen, mit Latein und Griechisch sonderlich excellirt zu haben. Sonst war der Franz gut geartet, ein fleißiger Knabe, der auch bei seinen Lehrern gern gesehen war.

Julie war durch ihr munteres Wesen aller Welt Liebling. Sie war nicht allein ein fleißiges, sondern auch ein sehr begabtes Mädchen, das in der Schule überraschende Fortschritte machte. Nur einen Fehler hatte sie: Ihre Munterkeit schlug nämlich oft in arge Wildheit um, und dann war sie, wie die Mutter sich auszudrücken pflegte,wie ein Russe." Sie war nicht immer so, konnte im Gegentheil sogar zu Zeiten ein ganz ruhiges, stilles, von wärmster Theilnahme auch für gleichgültige Dinge erfülltes Kind sein, und die Mutter blickte dann auch wohl in dieser Beziehung mit Stolz auf ihr Julchen. Zu Zeiten aber war es mit ihr nicht zum Aushalten. Kaum, daß sie ihre Arbeiten fertig bringen konnte, dann ging's über Stock und Stein, an allen Thürpfosten und Klinken blieb sie mit den Kleidern hängen, und große Dreiecke waren die Folgen ihrer Wildheit. Sie konnte dann sogar Besorgungen, mit denen sie be­auftragt worden war, total vergessen, um mit einer Horde Jungen in Gemeinschaft irgend einen tollen Streich auszuführen.

Der Vater meinte zwar, das würde sich mit den Jahren schon von selber geben, und es war auch nicht zu verkennen, daß dieserperiodische Koller", wie er dergleichen Zeitperioden zu nennen beliebte, wirklich seltener auftrat. Nach der Meinung der Mutter war es aber die höchste Zeit, wenn sich die Wildheit von selber verlieren sollte, denn das Mädchen war schon dreizehn Jahre alt und erst im verflossenen Winter noch eines schönen