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O weh, da fliegt er wieder weiter, der böse Vogel!"

So tönt eine Mädchenstimme bedauernd durch den Wald. Die Hand, welche sich so eben behutsam nach dem sitzenden Schmetterlinge ausstreckte, bleibt über der Blume schweben. Der Käfer zieht sich schnell ganz zurück, er ist fast zu Tode erschrocken über das erhitzte Mädchen­gesicht, und er wagt sich erst wieder hervor, als die Erscheinung längst verschwunden ist. Weit im Walde drinnen sieht er nur noch ein weißes Kleid und eine blaue Schärpe schimmern, dann verschwinden auch diese.

Ei, ei, was war denn das?" brummt der Käfer kopfschüttelnd. Dann aber sieht er lange nichts mehr, der letzte Sonnenstreifen ist längst gewichen, die Schatten der Nacht senken sich allmälig über den Wald, und der kleine Wicht legt sich zum Schlafe zurecht, und bald umfangen ihn liebliche Käferträume.

Plötzlich erweckt ihn ein furchtbares Getöse und eine blendende Helle umgiebt ihn.

Julchen! Julchen!"

So hört er's wie ein Donnergetöse über sich erdröhnen, aber ehe er noch recht Zeit hat, die neue Erscheinung zu begreifen, prasselt sein Palast zur Erde nieder und er selber fliegt in großem Bogen weithin durch die Luft, daß ihm Hören und Sehen vergeht.

Julchen! Julchen!"

Eine riesige Menschengestalt war's, welche diesen Namen rufend und einen brennenden Kienspahn in der Hand tragend, eilig durch den Wald lief und Blumen und Käfer achtlos niedertrat.

Julchen! Julchen!"

So tönt es aber nicht blos hier, so hört man es an vielen Stellen im Walde rufen, überall tauchen lodernde Kienspähne auf und dringen nach allen Richtungen hin in den Wald vor. Der ganze Wald scheint lebendig geworden zu sein.

Was ist geschehen? Wen suchen die Männer? Doch nicht etwa Julchen Pfeifer, unser wildes Julchen?-

Wir begeben uns nach dem Hause am Wasser hinab, in welchem wir die Familie Pfeifer beim beginnenden Abendbrod verlassen haben.

Die Pferde Freudensteins stehen noch angeschirrt im finsteren Hofe, wie sie schon vor drei Stunden gestanden haben, denn so viel Zeit ist verflossen seitdem. Träumerisch nicken die sanftmüthigen Braunen vor sich hin, nur von Zeit zu Zeit den Kopf oder einen Fuß bewegend.

T.-A. XX. 22