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darüber empfand, war nur zu leicht in ihrer späten, kurzen Antwort zu erkennen. — Veiten seinerseits ward wiederum dadurch betrübt und erkältet, und da Erbschafts- und Familienangelegenheiten ihn nöthigten lange fortzubleiben, so wurde der Briefwechsel zwischen dem Brautpaar immer seltener, kürzer, gezwungener.
Endlich nach sechsmonatlicher Abwesenheit kehrte Velten heim. Er hoffte die Spannung zwischen ihm und Lucie würde sich beim Wiedersehen lösen, Auge in Auge, Hand in Hand das alte Verhältniß sich wieder herstellen.
Er eilt zu ihr und klingelt heftig; Lucie ist es, welche ihm die Thüre öffnet. Sie steht vor ihm in demselben Anzüge, den sie beim Abschiede trug; dieselbe Nachlässigkeit herrscht darin vor, als damals; doch ihr Gesicht ist merklich verändert: der freundliche Ausdruck desselben ist dem der Unzufriedenheit gewichen — um den kleinen Mund hat sich ein Zug der Schlaffheit und des Mißmuthes gelegt, die sonst so hell aufleuchtenden Augen sehen ihn starr, fast erschrocken an.
„Lucie!" ruft Velten tief bewegt, „heißest Du mich denn nicht willkommen?"
Stumm reicht Lucie ihm die Hand. Velten ergreift sie lebhaft — sein Blick fällt unwillkürlich auf das unglückliche Loch im Aermel und richtet sich vorwurfsvoll auf das erröthende Gesicht seiner Braut. „O Lucie!" sagt er mit tiefbetrübtem Ton, „muß ich Dich so wiedersehen?"
Unsanft entzog Lucie ihre Hand der ihres Verlobten: „So muß also gleich Dein erstes Wort wieder ein Tadel sein," sagte sie gereizt.
Nach dem traurigen Wiedersehen folgten andere unangenehme Erörterungen und endlich die Auflösung des Verhältnisses, das zwei Menschen hätte beglücken können, wenn sogenannte Kleinigkeiten mehr beachtet worden wären.
D i e K ü ck k e li r.
Lustspiel in einem Act von Meta Langer.
(Personen: Fritz, Sophie, Marie. — Das Stück spielt im Zimmer eines Landhauses.)
Erster Auftritt.
(Sophie und Marie sitzen mit Handarbeit beschäftigt an einem Tischchen.)
Sophie (einen Brief zusammenlegend): Also heute noch kommt Bruder Fritz! Wie freue ich mich!
T-.A. xx.
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