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Dorf zu haben sind, und sie hörte die politischen Reden der Männer, wenn es zu den Wahlen kam, und hörte auch religiösen Streit, denn es kam mancher Besuch zu Gärtner Andreas, Leute aus dem Dorfe und auch Leute aus anderer Gegend, gewöhnlich um junge Bäume aus der Baum­schule zu kaufen, oder Blumensamen, Gemüse und Obst; es war viel Verkehr bei Gärtner Andreas und es kam auch leicht zum Gespräch über die Tagesereignisse, auch zum Streit, denn Jeder wollte recht haben in seinen Behauptungen.

Elfe sagte einmal zu Andreas nach einem langen Gespräch, das er mit einem Wirthschaftsbeamten aus der Nachbarschaft gehabt, der mit den Staatseinrichtungen gar nicht zufrieden sein wollte, weil sie gerade irgend wie seinen eigenen Wünschen und Anordnungen entgegen traten. Else sagte:Wenn ich mir so Alles betrachte, was jetzt in der Welt Zankapfel ist, dann könnte mir doch Angst und Bange werden und es ist so wun­derlich, hört man den Einen reden, möchte man glauben er habe in allen Dingen recht, hört man den Andern reden, möchte man auch glauben er habe recht. Oft handelt sich's nur um ein einziges Wort, das Jeder anders versteht, vielleicht meinen sie dasselbe, drehen sich aber um'das eine Wort mit Feuer und Schwert herum." '

Ja," antwortete Andreas,die Wortklauberei ist an der Tages­ordnung, wenn man nicht so viel reden wollte, ging's vielleicht besser."

Und dann," sagte Else,steht Jeder auf einem andern Standpunkt und wenn sie zanken, verstehen sie sich nicht, weil Jeder das Ding, um das es sich handelt, blos von seinem Standpunkt ansieht, Keiner versucht sich einmal erst auf des Andern Standpunkt zu stellen. Da stritten z. V. neulich der Zimmermann Schwenker und der Tischler Jobst, wie breit unser Haus von Weitem aussähe, sie kamen nicht zu Ende mit dem Streit, bis ich merkte, der Schwenker dachte sich, er stehe am Schloß und be­trachte sich das Haus von da, der Jobst dachte sich, er stehe am Viehstall. Da sah Einer in Gedanken die Front, der Andere die Giebelseite, auf die Art konnten sie mit ihren Behauptungen sich nicht vereinigen."

Andreas lachte und sagte:Freilich, so geht's in der Welt oft und da giebt's Krieg ohne Ende."

Auf einigen Standpunkten müßten die Menschen sich aber eigentlich begegnen, von da aus müßten sie Alles anschauen," sagte Else.

Von welchem denn?" fragte Andreas.

Nun, z. B. von dem Standpunkt der Nächstenliebe und dem der