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fast erwachsenen Stadtkindern noch etwas lehren, aber sie lehrte unbewußt, ihr ganzes Wesen, Reden und Thun war ein belehrendes Beispiel, denn ihr Wesen war Liebe, war der Glaube und die Liebe in der That.

Es ist ganz gleich ob das Herz einem hochgeborenen Menschen gehört oder einem der unteren Stände, wo Glaube und Liebe Leben geworden sind, durch Jahre langes Festhalten daran, da ist eine Hoheit in der Demuth, die hinreißend wirken muß. So war's mit Elsen, darum that sie wohl, wo sie stand und ging. Ein fehlerfreies Menschenkind war Elfe nicht, das giebt es nicht auf Erden; aber in ihr waren christliche Grund­sätze eingewurzelt; ihr Streben, als Rebe des Weinstockes von der sich mit­theilenden Kraft des Weinstockes zu leben, war sich immer gleich geblieben, ihre Gottesfurcht durchleuchtete sie, und es stand ihr Licht nicht unter dem Scheffel. Was Elfe vor den jungen Mädchen lebte, das lehrte ihr alter Freund, der Prediger, in seinen Confirmationsstunden, es war alles so recht gemacht, um ein Confirmationsjahr heilbringend für's Leben zu ge­stalten. Else's Kinder trugen auch das ihre dazu bei, denn ihnen gegen­über kamen die schönen Lehren der Mutter zu Tage, die dabei ihre Ziele überschritten und auch in die Herzenstiefe der Zwillingsschwestern mit eingriffen; Else's Kinder brachten aber auch kindliche Heiterkeit in den kleinen Kreis, kindisches Treiben wurde gestattet und erfrischte und regte zum Frohsinn an.

Die jungen Mädchen fühlten es, wie wohl ihnen das Stillleben in Herbartsruh that, mehrmals äußerten sie zu einander:Haben denn alle Menschen ein so beseligendes Confirmationsjahr? Ach, wenn sie's doch hätten, um so glücklich zu sein, wie wir es sind."

Diese Aeußerungen sollten aber nicht ausdrücken, daß sie im Vater­hause unglücklich gewesen wären. Sie hatten ihre Eltern beide lieb, auch die zweite Mutter, war sie doch immer sehr gütig gegen die Kinder gewesen. Das oberflächliche, fast nur der Gesellschaft geltende Leben im Vaterhause beurtheilten die Kinder nicht, in ihrer Kindesliebe hätten sie noch weniger gewagt, es zu verurtheilen. Sie schrieben oft an Vater und Mutter und schilderten ihr Stillleben im ländlichen Daheim, sie erhielten auch oft Briefe, in denen Freude ausgesprochen war über das behagliche Leben der Töchter. Der Aufenthalt in Madeira that der Kranken wohl und man hoffte die angegriffenen Lungen vollständig zu heilen im milden Klima, zwei Winter sollte sie dort verleben, also mehr als ein und ein halbes Jahr. In dieser langen Zeit konnten die Zwillingsschwestern sich