472

wahrhaft heimisch machen in dem schönen Herbartsruh. Die prachtvolle Besitzung stammte von ihrem Großvater, der das Schloß gebaut und ihm den Namen Herbartsruh gegeben hatte; aber merkwürdig war es, daß der neue Besitzer, dem das Gut durch Heirath und Tod der Enkelin des alten Herrn zugefallen, auch ein Gras Herbart war, ein entfernter Verwandter. Das Heimischwerden der jungen Gräfinnen betraf nicht nur Schloß und Garten und Park, sie lernten auch mit den Landleuten verkehren, mit allen Leuten im Dorfe. Dazu freilich gab Elfe allein die Veranlassung. Sie selbst war heimisch unter den wohlhabenden und armen Familien im Dorfe und sie erzählte den Grafzwillingen oft von den Verhältnissen dersel­ben und erweckte ihre Theilnahme. Es entstand in den jungen Wesen die Fähigkeit sich mit den Gedanken in die Lage von Menschen zu versetzen, die ganz außer ihrer Sphäre lebten. Diese Fähigkeit ist selten; aber ein Segen, denn sie läutert das Urtheil über Menschen und lehrt Hilfe leisten in bester Weise.

Else's Zeiteintheilung war eine ganz andere geworden, seit die Graf­zwillinge wieder im Schloß lebten. Der Vormittag gehörte ihrer Häus­lichkeit, wenn dann Andreas mit ihr und den Kindern sein Mittagbrod verzehrt hatte, ging sie mit ihren zwei Kleinen in das Schloß, dann wurde während der guten Jahreszeit in den Park gegangen, im Winter in das Gewächshaus. Elfe war der Grafzwillinge Lehrerin im Weißnähen, denn das verstand sie recht gut, das hatte sie ordentlich erlernt, schon während ihrer Dienstzeit, denn als sie die kleinen Grafzwillinge zu pflegen hatte, hielt die Kinderfrau sehr auf Ordnung in der Wäsche und Elfe mußte bei einer Frau Försterin nähen lernen, um die Sachen der Kinder in ge­hörigem Stande zu erhalten. Jetzt konnte die Gärtnerssrau ihre Kunst weiter lehren, das war hübsch und den jungen Gräfinnen sehr von Nutzen, denn sie hatten bisher von Handarbeiten nur die üblichen Spielereien ge­macht, welche zum Schmuck der Wohnung und des Körpers dienen, aber sonst wenig Bedeutung haben. Mädchen jedes Standes sollten Wäsche nähen lernen, und wenn die eigentliche Schulzeit vorüber ist, sollte sich Zeit finden lassen zur Thätigkeit in diesem Arbeitsfelde. In den Nachmittagsstunden wurde in Herbartsruh diese 'häusliche Kunst getrieben und machte den jungen Mädchen viel Vergnügen, denn sie näheten zuerst Hemden für Else's Kinder, später sollten andere Kinder an die Reihe kommen. Nach dieser Arbeitszeit ging Elfe pünktlich in ihr Gärtnerhaus, denn dann kam Andreas zur Vesperstunde und den hätte sie nicht allein