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Maria und Martha mußten durch solche Mittheilungen gewonnen werden, junge Gemüther sind empfänglich und dieses Schwesternpaar ging sehr gern ein auf die Liebesgedanken der Gärtnersfrau. Sie wollten auch so gern helfen und da nicht viel in ihrer Macht lag, so ließen sie wenig­stens den Zimmermann Schwenker auffordern, ihnen seinen kleinen Knaben zuzuführen, sie versorgten ihn mit einem neuen Kittel und ließen ihn zu­weilen bei sich im Park spielen mit Else's Kindern. Das war freilich keine durchgreifende Hilfe, aber doch ein Beweis von Theilnahme, der auf Schwenker einen wohlthuenden Eindruck machte.

Das Leben in Herbartsruh war trotz der kleinen verschiedenartigen Verhältnisse sehr einförmig und schien um so schneller zu verstreichen. Die kranke Martha brauchte eine ernste Cur unter der Leitung des alten be­freundeten Arztes, der fast täglich seinen Besuch machte. Es ging Alles seinen regelmäßigen Gang und nach und nach wurde die Lähmung be­seitigt. Als die Zeit der Confirmation der Zwillingsschwestern herannahete, war das Leiden als gehoben anzusehen, es waren allerdings achtzehn Mo­nate seit ihrer Einkehr in Herbartsruh vergangen. Die Confirmation sollte im Sommer stattfinden und bis dahin sollten auch Graf und Gräfin Herbart von Madeira zurückkehren. Die Freude und Hoffnung auf glück­liches Wiedersehen war groß; aber die jungen Mädchen, welche sich so wohl gefühlt hatten im ländlichen Stillleben, dachten doch mit einigem Unbehagen an das bevorstehende Leben in der großen Welt, der sie nun angehörten und in welche sie eingeführt werden sollten.

Der Graf hatte seinen Zwillingstöchtern geschrieben, er habe die Ab­sicht ihnen bei seiner Rückkehr ein Geschenk zu machen, zum Andenken an die Trennungszeit, in welcher sie ihm durch ihr Verhalten so viel Freude bereitet hätten, er schrieb, sowohl Miß Box, als der Pastor und Doktor hätten in ihren Berichten stets das wärmste Lob über die Schwestern aus­gedrückt und nun sollten sie ihm einen Wunsch aussprechen, den er ihnen zu erfüllen gedenke, er reise über Paris, schrieb der Vater und werde dort Schmuck in reicher Auswahl sehen, sie dürften offen aussprechen, nach was sie Verlangen hätten. Dieser gütige Brief ihres Vaters überraschte die beiden Schwestern; aber einen Wunsch konnten sie nicht sogleich äußern. Schmuck? Nach Schmuck halten sie kein Verlangen. Am liebsten hätten sie gebeten, ihre Elfe mit in die Stadt nehmen zu dürfen; aber diesen Wunsch auszusprechen wäre überflüssig gewesen, Elfe war Frau, war Mutter, ihre Pflicht, ihr Herz fesselten sie an ihr Haus. Indessen die