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stand, um Hut und Shawl zu suchen und sich zum Ausgehen vorzubereiten, hatte Hedwig Zeit mich recht zu betrachten.Weißt Du, Pauline, daß Dein Epheu allerliebst ist?" sagte sie,ich habe nie einen schöneren ge­sehen, ich möchte ihn wohl haben, verkaufe ihn mir, ich gebe Dir ein paar Gulden dafür."Meinen Epheu habe ich zu lieb, um ihn zu verkaufen," antwortete Pauline;Du weißt, daß ich arm bin und daß ich Geld brauchen könnte, dieses Mal will ich aber lieber auf ein paar Gulden verzichten, als Dir die Pflanze überlassen. Es giebt Dinge, die mit Geld nicht zu bezahlen sind. Die Liebe und Sorgfalt, welche ich an diese Pflanze gewendet habe, die anfangs einzugehen drohte, die Freude, welche ich empfand, als sie sich erholte, das Vergnügen, mit welchem ich sie täglich betrachte, begieße und pflege, dieses alles kannst Du mir durch Geld nicht ersetzen."Das begreife ich nicht," sagte Hedwig,eine Pflanze ist wie die andere und wenn ich Dir drei Gulden schenke, so kannst Du Dir eine andere, ja mehrere andere kaufen, die vielleicht schöner sind als dieser Epheu."Wenn dem so ist, wenn man schöneren kaufen kann für drei Gulden, weshalb willst Du nicht Deine Magd zu einer Blumenhändlerin schicken und Dir Epheu kaufen lassen? Ich kann mir keinen kaufen; den ich selbst gezogen habe, daß er durch meine Pflege so schön wurde, das ist es, was ihm für mich einen unersetzlichen Werth giebt. Dasjenige, welches wir ohne Mühe, nur für Geld erlangen, kann denselben Werth nie haben, wie das sorgfältig Geschaffene."Ach, das ist einmal wieder gefühlvoller Unsinn," antwortete Hedwig,was mir gefällt, hat für mich den Werth, daß es mir eben gefällt, ob ich die Blume begossen habe oder ein Anderer es that, das kann ihre Schönheit weder erhöhen noch ihren Werth verringern. Da müßten für mich meine Armbänder und Ringe auch keinen Werth haben, weil ich das Gold und die Steine nicht selbst mit vieler Mühe aus den Bergen herausgeholt habe."Ringe und Armbänder haben meistens dadurch einen Werth, daß sie Andenken und Geschenke sind von lieben Händen und also knüpft sich auch daran ein Gefühl. Ist aber das nicht der Fall, sind sie nur ein eitler Schmuck, in welchem ein Geldwerth steckt, so mag das Tragen solcher Gegenstände für diejenigen einen Reiz haben, welche überhaupt an Putz ein Vergnügen finden, für mich hätte es keinen."Streiten wir nicht über Gefühle, Pauline," sagte Hedwig schmeichelnd,die Deinigen sind gewiß sehr schön. Ueberlaß mir Deinen Epheu und er wird mich täglich erinnern an Deine liebenswürdige Nachgiebigkeit."