500

Gärtner verkaufte, der mich für Emma haben wollte. Bei Emma nun hoffe ich zu bleiben, denn das Wandern ist für eine Pflanze ebenso schädlich wie für lebende Wesen, welche sich dabei nirgends zu Hause oder wohl fühlen, wenn sie beständig ihren Wohnort ändern.

Das ist also die Geschichte des Cactus," sagte die Erzieherin sich unterbrechend,die des Epheu's gefiel mir eigentlich besser."Der Epheu ist aber auch eine liebenswürdige Pflanze," antwortete Emma, wenn man ihn ansieht, so denkt man sich vielerlei dabei; so ein stacheliger Cactus ist gar nicht dazu geeignet, daß man von ihm etwas erzähle. Ich liebe ihn nur, weil er so wunderlich aussieht, aber meine Einbildungs­kraft regt er nicht an."

»Ich finde den Eactus höchst interessant, wenn auch nicht liebens­würdig," erwiderte die Erzieherin;daß ein so unansehnliches Gewächs schönere Blüthen treibt als andere Pflanzen, welche Blätter haben, ist ein eigenthümliches Spiel der in ihm wohnenden Naturkraft."Nun lesen Sie, bitte, die Geschichte des Vergißmeinnicht, vielleicht sind Sie mit der zufrieden," sagte Emma.

Die Erzieherin las:

Das Vergißmeinnicht erzählt:

Wir Vergißmeinnicht blühen im Frühjahr und im Sommer überall auf den Wiesen und erfreuen das Auge des Spaziergängers, wir vertragen es aber nicht, lange im Zimmer oder in enger Haft in einem Blumen­topf gehalten zu werden; wir können die frische Luft und den blauen Himmel, dessen Farbe wir tragen, nicht entbehren und sind so recht eigent­lich freie Kinder der Natur, welche bald verwelken in der Hand, die sie pflückt. In dem Boden, wo wir aufwachsen, blühen wir lieblich einige Zeit und verschwinden, wenn Regen, rauhe Luft oder Wind uns unsanft berührt, spurlos, bis im nächsten Jahr die Frühlingssonne uns wieder aus langem Schlafe weckt. Unser Leben und unsere Geschichte ist jedes­mal kurz, die Menschen können uns nicht pflanzen, nicht pflegen, und wir könnten die Mühe, die sie sich mit uns geben möchten, nicht lohnen, aber eben wegen dieser Eigenthümlichkeit sind wir oft ein Gegenstand der Poesie und der Betrachtungen derjenigen geworden, die uns in unserer einfachen Lieblichkeit stehen sehen, wohl wissend, daß man uns bewundern, nicht aber auf lange Zeit besitzen kann. Wir, die wir jetzt am Fischteich stehen, wo uns Emma hat hinsetzen lassen, sind in einer blumenreichen