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Wiese am Rande eines Sumpfes aufgewachsen, der zuweilen, wenn es stark regnet, einen großen Teich bildet, der so tief wird, daß Niemand durchgehen könnte ohne bis über die Knie naß zu werden. Hier befanden wir uns sehr wohl, die Wiese ist von den Bäumen des Waldes beschattet, der sie umkränzt; es war da für uns ein kühles, geschütztes Plätzchen. Ein kleiner Erdhügel, der sich hinter unserem Sumpfe erhebt, auf welchem ein paar große Steine liegen, ist ein von der Natur gemachter Sitz, zum Ausruhen geeignet für diejenigen, welche den Waldweg entlang gehend, an dieser Stelle vorüber müssen. Eines Tages, nachdem es während der Nacht ziemlich stark geregnet hatte und der Sumpf in Folge dessen sehr wasserreich geworden war, kam ein kleines Mädchen des Weges daher, welches einen Korb mit Eiern auf den Markt trug in das nächste Städt­chen. Sie war schon recht müde, denn das Häuschen ihrer Mutter ist von der Stadt zwei Stunden entfernt. Sie ist auch ein zartes, kleines Geschöpf von zehn Jahren, nicht so derb wie Bauernkinder gewöhnlich sind. Der Bauer, ihr Vater, ist lange todt, ihre Mutter besitzt keinen Bauernhof, denn sie ist ein armes Weib, welches sich in einem kleinen Häuschen eingemiethet hat mit dieser Tochter und darin als Tagelöhnerin lebt, nebenbei spinnt und grobe Handarbeiten macht, bei denen ihr Käth- chen (so heißt das kleine Mädchen) behilflich ist. So bringt das Kind sein Leben mehr im Zimmer, als in der freien Luft zu und sieht daher bleich und kränklich aus, was es auch ist. Käthchen besitzt einige Hühner, deren Eier sie während des Sommers gesammelt hatte, die wollte sie nun in die Stadt tragen und dafür Strickgarn einkaufen, denn die Nachbarin ihrer Mutter, eine reiche Bäuerin, hatte Strümpfe bei ihr bestellt. Der weite Weg wurde dem kleinen Mädchen recht sauer; als sie bei uns an­langte, hatte sie erst die Hälfte zurückgelegt, da setzte sie sich mit ihrem Korb auf einen Stein und blickte sinnend vor sich hin. Sie überlegte wie viel Geld sie wohl für ihre Eier erhalten würde und ob, wenn sie das Strickgarn gekauft haben würde, noch einige Groschen übrig bleiben könnten, um ihrer Mutter ein paar Loth Kaffee zu kaufen. Sie liebt nämlich den Kaffee sehr. Käthchen saß so still, daß wohl selbst die Vögel, welche über ihr in den Bäumen zwitscherten, sie nicht bemerkten. Da plötzlich rauschte es hinter ihr, ein großer Hirsch kam durch den Wald daher gesprungen und lief an ihr vorbei um zu trinken, dem Sumpfe zu. Käthchen, die sehr schreckhaft ist, fuhr ängstlich in die Höhe, stieß dabei unvorsichtigerweise an ihren Korb und o Schrecken! o Jammer! der