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werde und nicht mehr weit werde fliegen können, so will ich mein Leben in dem genannten schönen Garten beschließen und ihr werdet mir täglich berichten was ihr seht, was ihr entdeckt und was ihr für Erfahrungen macht." Mit diesen Worten schloß die Königin ihre Rede. Alle sie um­gebenden Vienchen hoben ihre Flügel in die Luft zum Zeichen, daß sie bereit wären augenblicklich aufzubrechen, und die Königin dieses bemerkend, verließ ihren Sitz auf der Apfelblüthe und flog, ihr glänzendes Flügel­paar im Sonnenschein ausbreitend, voran um den Weg zu zeigen. Der ganze Schwärm folgte gehorsam nach und es dauerte nicht lange, so waren sie in dem schönen Garten angelangt und nahmen ohne Weiteres Besitz von dem Bienenkörbe, den die Königin entdeckt hatte. Niemand kümmerte sich darum, Niemand störte sie, und als ihre Anwesenheit von dem Gärtner bemerkt wurde, war er sehr erfreut darüber, denn er rechnete auf den Honig, den sie sammeln würden. Hiermit ging es nun aber nicht so leicht von statten, als die Königin geglaubt hatte. Alle die seltenen aus­ländischen Pflanzen, welche ihr so gefallen hatten, waren keine Vienen- gewächse, die herrlichen Blumen mit den schönen Farben im Gewächshause boten ihren Bienen keine Nahrung, denn bei der Anlage des Gartens war an Bienenzucht nicht gedacht worden. Die lieben Thierchen merkten nun wohl, daß die gewöhnlichsten einheimischen Pflanzen diesen ausländischen Prachtgewächsen vorzuziehen wären. Die stolze Königin, welche nicht arbeitete und nur ihre Untergebenen Honig sammeln ließ, kümmerte sich .nicht darum, sie setzte sich bald auf diese, bald auf jene seltene Blume und bildete sich nicht wenig darauf ein in dem Garten eines vornehmen Herrn in so ungewöhnlicher Umgebung zu leben. Sie schickte ihre Arbeits­bienen umher und forderte von ihnen eine Beschreibung dessen, was sie auf ihren Ausflügen entdeckten; namentlich wollte sie wissen, wo die schönsten Blumen zu finden wären, die Bienen mußten ihr alle die nennen, welche sie fanden und ihr Urtheil darüber abgeben. Im Anfang des Sommers blühten viele Akazien in dem Garten, wo sie jetzt waren, da stimmten die Bienen alle überein im Lobe dieser, sie hatten viel Honig daraus gesogen, endlich aber kamen einige Regentage, die Akazien litten und die Bienen flogen umher bis sie ein paar schöne Linden entdeckten, welche nicht weit vom Pächterhause standen. Diese boten ihnen Nahrung, im Park und im Gewächshause war nichts für sie zu finden. Aber auch die Linden verloren ihre Blüthen und das kleine vorwitzige Bienchen, welches damals, als sie den Bauernhof verließen, die Reseda so gerühmt