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Meine Reiseberichte muffen nun auch geschloffen werden.Siehe Dich um und wähle!" schrieb mir Frau von Stein, als sie mich hinausschickte einige Anstalten der Wohlthätigkeit aufzusuchen und ihr Bericht zu er­statten, ich sollte eine Wahl treffen, sollte ihr rathen wohin sich ihre Nächstenliebe wenden solle bei Gründung einer Anstalt.

Ich habe die Reise gemacht, habe mich umgesehen, aber gewählt habe ich nicht, die Wahl wird erst nach reifer Ueberlegung von dem Herzen aus­gehen, das den Liebesdienst leisten will. Es giebt ja viel treffliche Unter­nehmungen, ich habe nur wenige besuchen können, ich darf nicht wagen hier einzugreifen, nicht durch meine Schilderung, nicht durch mein Urtheil. Ich glaube indessen, daß Frau von Stein sich bereits entschieden hat, sie schrieb mir in ihrem letzten Briefe die folgenden Zeilen:Ich habe mich, so lange ich denken kann, für Erziehung interessirt, ich glaube seit jenen Tagen, in denen mein Vater mir die Leitung meines kleinen Vetters Karl an das Herz legte, er sagte mir damals: «Kinder brauchen gewissenhafte geistige Pflege. Wenn wir uns das Menschengeschlecht als einen Baum vorstellen, so sind die Kinder die Wurzeln desselben, jedes Wurzelfäserchen muß Kraft durch gesunde Nahrung einsangen, damit der ganze Baum gedeihen könne.» Das ist mir klar, daß ich meine Mittel für Jugendbildung zu verwenden habe, nur weiß ich noch nicht, welche Wurzeln des Baumes, der in obigem Gleichniß das Menschengeschlecht vorstellt, ich versorgen helfen soll. Ich liebe die Kleinen unter den Kleinen vielleicht vorzugsweise, das sind die, welche Christus zu sich rief, denen das Himmelreich gehört. Es ist gar schön, was Mutter Jolberg sagt: «Wir sind kleine Fußwegbereiter für die jungen Kindlein, damit sie keine so großen Umwege zu machen haben, um auf den rechten Weg zu kommen.» Die Geschichte von dem Kinde aus dem Volke zeigt, daß ein gut bereiteter Fußweg auf ein herrliches Ziel Hinleiten kann. Gewiß, aber der Fußweg muß schon der Heilsweg sein, es darf nicht blos darauf gesehen werden, daß man durch geistige Beschäftigung Verstandeskräfte entwickelt, man muß auch die religiöse, die christliche Bildung, welche die rechte Herzensbildung ist, auf dem Fußwege beginnen. Das ist jetzt wichtiger als je, denn in unserer Gegenwart ist viel Licht, aber auch viel Schatten. Ich wiederhole hier, was ich Dir in meinem ersten Briefe schrieb:Der Schatten entsteht, wenn das Licht einseitig kommt; das Licht, wenn es keinen Schatten werfen soll, muß von Oben kommen."

Mit der Mittheilung dieser Zeilen aus dem letzten Briefe der lieben