ANTON FREISSLER

INGENIEUR, K. UND K. HOF-MASCHINEN- UND AUFZÜGE-FABRIKANT

WIEN.

or 3o Jahren waren Aufzugsvorrichtungen, wie sie heute nahezu in allen besseren Hotels, in grösse­ren Wohnhäusern, in industriellen und gewerblichen Betrieben nach vielen Tausenden in Verwen­dung stehen, in Oesterreich fast unbekannt. Wenn irgendwo eine derartige Vorrichtung functionirte, so hatte sie der Besitzer entweder aus dem Auslande bezogen oder versuchsweise hier anfertigen lassen.

Es ist das Verdienst Anton Freisslers, diese Fabrication in unsere Heimat eingeführt zu haben, und wenn gegenwärtig die zahlreichen Apparate, deren man sich in der Monarchie bedient, fast ausschliesslich im Lande er­zeugt werden und sogar in fremden Staaten die österreichischen Erzeugnisse wegen ihrer allgemein bekannten Vorzüglichkeit Eingang gefunden haben, so ist dies vorwiegend dem rastlosen Schaffen dieses Mannes zu verdanken.

Anton Freissler wurde im Jahre i838 in Klautendorf in Mähren als Sohn eines Oekonomiebesitzers geboren. Nach Absolvirung der Troppauer Realschule bezog er die technische Hochschule in Wien, welche er im Jahre 1862 absolvirte, worauf er eine zweijährige Praxis als Volontär in der Maschinenfabrik Ferdinand Dolainski & Co. durch­machte. Er widmete sich später eine Zeit hindurch dem Gas- und Wasserleitungsfache, indem er bei der Firma Elster & Henrici Stellung nahm. Hier war ihm auch die Gelegenheit zur Lösung grösserer technischen Aufgaben geboten, als er mit der Anlage der Ringstrassen-Wasserleitung, deren Ausführung die genannte Firma von der Stadt Wien übernommen hatte, betraut wurde.

Im Jahre 1867 sandte ihn der Niederösterreichische Gewerbeverein als Berichterstatter für die Pariser Welt­ausstellung. Er erfüllte seine Mission in völlig befriedigender Weise, und es wurde ihm für die Denkschrift, in welcher er alle in Paris gemachten Studien und Betrachtungen niederlegte, die silberne Vereinsmedaille zuerkannt.

Die Pariser Reise war der Wendepunkt in Freisslers Leben; hier hatte er die Anregung zu jener Thätigkeit gefunden, der er sich dann vollkommen hingab.

Auf der Pariser Ausstellung hatten nämlich die dort exponirten Aufzüge das lebhafte Interesse des jungen Ingenieurs erregt, und dasselbe wurde noch gesteigert, als er in London Gelegenheit hatte, den praktischen Werth und die grosse Verwendbarkeit dieser Vorrichtungen kennen zu lernen. Er wandte auf seinen Reisen in England, Frankreich und Deutschland seine vollkommene Aufmerksamkeit der Construction derartiger Anlagen zu und kehrte in die Heimat mit dem Vorsatze zurück, hier eine Fabrik für diese Specialartikel des Maschinenbaues zu errichten.

Mit recht bescheidenen Mitteln schritt Anton Freissler anfangs 1868 in einem gemietheten Locale im IV. Be­zirke an die Anlage einer Werkstätte, wobei er durch die Verleihung eines ausschliesslichen Privilegiums für Auf­züge von Seiten der Regierung eine vortheilhafte Unterstützung erfuhr. Verschiedene Momente bewirkten, dass die damals begründete Industriestätte rasch emporblühte. Wien stand in der Periode der regsten Bauthätigkeit, und zur Ausstattung der in jener Zeit entstandenen zahlreichen Wohnpaläste fanden die Architekten die den Verkehr in den hohen Gebäuden so sehr erleichternden Aufzüge als unerlässlich.

Auch die zu dieser Zeit in grosser Zahl entstandenen industriellen Etablissements wurden mit verschiedenen Hebevorrichtungen versehen, welche eine Concentrirung des Betriebes und dadurch eine Erleichterung der Fabri­cation ermöglichten.

Anton Freissler sah sich schon im Jahre 1874 in die Lage versetzt, im X. Wiener Bezirke auf einem grösseren Complexe, auf eigenem Grund und Boden, eine Fabrik zu erbauen, welche seither manche Vergrösse- rung erfahren hat und im Jahre i8g3 ihre jetzige Ausdehnung erhielt. In dieser, sowie in einem später errichteten Filialetablissement in Budapest sind 20 technische und commerzielle Beamte und ca. 200 Arbeiter beschäftigt.