sich in vorzüglichem Zustande befanden, während der Bleimantel des Berthoud- Borei -Kabels infolge der chemischen Einflüsse des Wassers und der Tunnelluft gänzlich zerstört war.

Die schwierigste Aufgabe auf dem Gebiete des Leitungsbaues, nämlich die Herstellung sub­mariner Leitungen, war in Oesterreich in den ersten Jahren ziemlich unbeachtet geblieben.

Allerdings waren im Jahre 1850 in den Canälen von Triest und Venedig kurze unterseeische Leitungen verlegt worden, welche aber, wie auch die unterirdischen Leitungen auf dem Festlande, bald wieder aufgegeben werden mussten. Für die österreichische Verwaltung galt es zunächst, das binnen­ländische Netz mit einiger Vollständigkeit zu errichten, ehe weitere Verbindungen mit Inseln oder fernen Küsten angestrebt werden konnten. Die Verhältnisse änderten sich jedoch bald, da England nicht nur Malta und Corfu durch Kabel mit Sardinien verband, sondern auch noch weitere Linien durch das rothe Meer und den indischen Ocean nach Vorderindien in Angriff nahm. Die Fabrication von Seekabeln und die Technik der Legung war mittlerweile so weit vorgeschritten, dass derartige Unternehmungen schon mit Aussicht auf dauerhaften Erfolg durchgeführt werden konnten und sogar die Idee, Europa mit Amerika telegraphisch zu verbinden, ihren abenteuerlichen Charakter verloren hatte. Am 15. März 1859 wurde in Wien eine Convention zwischen Oesterreich und England ab­geschlossen, welche unter gemeinschaftlicher Garantie beider Mächte die Herstellung einer Unterseelinie mit wenigstens drei Leitungen von Ragusa über Corfu, Zante nach Alexandrien betraf. Oesterreich blieb hiebei das Recht Vorbehalten, die Legung und den Betrieb dieser Linie einer concessionirten Gesellschaft zu übertragen. Infolge politischer Verhältnisse und aus finanziellen Rücksichten verzögerte sich die Ausführung dieser Linie bis zum Jahre 1882, in welchem Jahre seitens der österreichischen Regierung eine Concession zum Bau und Betrieb der Theilstrecke TriestCorfu verliehen wurde.

Unabhängig von diesen langwierigen Verhandlungen nahm die Herstellung kürzerer Unterseelinien in dem österreichischen Theile des adriatischen Meeres einen rascheren Verlauf. So wurde für mili­tärische Zwecke 1859 die Communication zwischen den um Venedig gelegenen Forts, 1860 eine Verbin­dung der Inseln Cherso und Lussin mit der iscrianischen Halbinsel hergestellt, 1862 wurden die Inseln Curzola, Lesina und Lissa einbezogen. Die directe Verbindung von Triest mit Zara wurde erst im Jahre 1894 hergestellt, und zwar besteht diese für den Verkehr Dalmatiens mit dem Mutterlande so wichtige Leitung von Triest bis Pola aus 3 mm starkem Bronzedraht auf hölzernem Gestänge, von Pola bis Zara aus einem einaderigen eisengepanzerten, 148 km langen Seekabel. Die Gesammtlänge aller österreichischen Seekabel im staatlichen Betriebe beträgt 3 g 7'5 km.

Nachdem im Vorstehenden der Leitungsbau besprochen worden ist, erübrigt noch die allmälige Entwicklung des Apparatwesens darzustellen, wobei natürlich wieder ein näheres Eingehen auf tech­nische Details mit Rücksicht auf den Zweck dieses Aufsatzes und die Schwierigkeit, ohne Beigabe ent­sprechender Zeichnungen complicirtere Constructionen und Schaltungen verständlich zu machen, mög­lichst vermieden werden soll.

Die ersten österreichischen Linien waren mit einem aus England importirten Nadeltelegraphen, System Bain, ausgerüstet. Dieses auf der Ablenkung eines Magnetstabes durch entgegengesetzt gerichtete elek­trische Ströme beruhende Instrument war von sehr einfacher Bauart, gab sicht- und hörbare Zeichen, und konnte dessen Gebrauch selbst von Neulingen in kurzer Zeit erlernt werden. Das System erfuhr im Laufe der Zeit einige nicht unwesentliche Verbesserungen und blieb, trotz seiner nach Erfindung des weit zweck- mässigeren Mo r s e-Apparates immer mehr zu Tage tretenden Mängel, bis 1867 auf den Betriebslinien der Nordbahn im Gebrauch. Der 1849 nach Oesterreich gebrachte M o r s e - Apparat besass gegenüber dem Nadeltelegraphen Vortheile, welche den Uebergang zu diesem neuen und bis heute fast allgemein im Ge­brauche stehenden Systeme ausserordentlich beschleunigten. Es ist ein besonderes Verdienst der öster­reichischen Verwaltung, die Bedeutung dieser Erfindung rasch erkannt und dadurch zur weiteren Verbreitung des Apparates in allen Staaten Europas beigetragen zu haben. Erst durch den Morse-Apparat und das demselben zu Grunde gelegte einheitliche Telegraphen-Alphabet erhielt die Telegraphie jenen internationalen Charakter, welcher die Grundbedingung für ihre Eignung als Weltverkehrsmittel bildete.

Die erste wesentliche Vervollständigung, welche das Morse-System in Oesterreich erhielt, war die Construction einer besonderen Vorrichtung, des sogenannten Translators, zu dem Zwecke, die Beför-

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